1.1 Motivation
1.1.1 Motiv, Motivation und Motivierung
Ein
Motiv ist die Grundlage für das Verhalten von Individuen. Laut
Kanning und Staufenbiel (2014a) können Motive sehr unterschiedlicher
Art, materiell und immateriell, und Ausprägung sein. Motive haben
ihren Ursprung in der genetischen Ausstattung des Individuums, den
Lernerfahrungen und der Sozialisation des Einzelnen. Dementsprechend
lassen sich sehr unterschiedliche Motivstrukturen feststellen.
Anreize in der Umgebung können Motive aktivieren. „Der Anreiz
verdeutlicht den Mitarbeitern, dass ein Motiv durch eine bestimmte
Arbeitsleistung befriedigt werden kann.“ (Kanning &
Staufenbiel, 2014a, S.57) Wurde ein Motiv durch die entsprechenden
Anreize erfolgreich angeregt, entsteht Motivation als ein
zielgerichtetes Handeln. Motivierung entsteht letztendlich, wenn es
der Führungskraft gelingt, die entstandene Motivation des
Mitarbeiters, auf bestimmte Handlungsziele auszurichten. Im
organisationalen Kontext ist die Motivation des einzelnen
Mitarbeiters dahingehend wichtig, als dass sie im Zusammenspiel mit
den situationalen Faktoren und den Kompetenzen des Einzelnen, die
Arbeitsleistung bestimmt. Demzufolge stellt die Motivierung der
Mitarbeiter durch die Führungskräfte eines Unternehmens eine der
zentralen Führungsaufgaben dar. Eine Arbeitsleistung zieht eine
Belohnung nach sich, in Form von z.B. Geld, Anerkennung oder der
dauerhaften Sicherung des Arbeitsplatzes, die im besten Fall zur
Befriedigung der Motive eines Mitarbeiters beiträgt. Idealerweise
ist das Resultat einer gerechten Belohnung, die Zufriedenheit des
einzelnen Mitarbeiters. Das Thema Gerechtigkeit wird an späterer
Stelle noch ausführlicher besprochen.
1.1.2 Motivationsarten
Grundsätzlich
lassen sich zwei Arten der Motivation unterscheiden. „Avhengig av
om den vektlegger indre faktorer (f.eks. biologiske mangeltilstander,
psykologiske drifter) eller ytre, situasjonelle faktorer (f.eks.
belönning, incentiver)1“
(Svartdal, 2011, S.133) werden intrinsische und extrinsische
Motivation unterschieden. Während intrinsische Motivation aus sich
selbst entsteht, eine Tätigkeit also um ihrer selbst willen
ausgeführt wird (interne Prozessmotivation) oder aus einem internen
Selbstverständnis heraus entstehen kann (intrinsische Motivation,
2017), stellt extrinsische Motivation, die durch äußere Reize
hervorgerufene Motivation dar. Aufgaben werden dabei also ausgeführt
um eine Belohnung zu erhalten oder einer Bestrafung zu entgehen.
Extrinsische Motivationsfaktoren haben im Allgemeinen einen stärkeren
aber kurzfristigeren Effekt, wohingegen intrinsische
Motivationsfaktoren eine langfristigere Wirkung erzielen.
1.1.3 motivationstheoretische Ansätze
Die
Entstehung der motivationstheoretischen Ansätze begann in den 1930er
Jahren, als Gegenbewegung zum Taylorismus, der ein mechanisches
Menschenbild vertrat und letztendlich zu Gunsten, von humanistisch
geprägten Vorstellungen abgelöst wurde. Im Rahmen der
humanistischen Gegenbewegung zum Taylorismus wurde der Mensch mehr
und mehr als ein sozial motiviertes Gruppenwesen mit individuellen
Motiven angesehen. Allerdings ist trotz intensiver Forschung in den
1950er bis 1970er Jahren noch bis heute keine allgemeingültige
Motivationstheorie, die umfassend und abschließend erklären kann,
wie menschliches Verhalten in wirtschaftlichen Unternehmen
beeinflusst und gesteuert werden kann, existent. Es gibt mehrere
Modelle, die nebeneinander bestehen, die aber keineswegs ganzheitlich
und abgeschlossen sind, sondern eher als unterschiedliche
Erklärungsansätze anzusehen sind, die, je nach Verfasser, auf
verschiedenen Annahmen beruhen. Die bekanntesten
motivationstheoretischen Ansätze lassen sich in die zwei Gruppen,
Inhaltstheorien und Prozesstheorien der Motivation, einteilen.
Inhaltstheorien,
auch substanzielle Theorien genannt, arbeiten mit den konkreten
Motiven und Bedürfnissen von Individuen. Zu den bekanntesten Ansätze
innerhalb dieser Kategorie gehören Maslows Bedürfnishierarchie,
Alderfers ERG-Theorie und das Zwei-Faktoren-Modell von Herzberg. Der
Fokus der Prozesstheorien hingegen, liegt auf den Prozessen und
Einflussfaktoren, die eine Person zu dem jeweiligen Verhalten
veranlassen, ohne dass dieser Person substanzielle Motive unterstellt
werden. Der bekannteste Vertreter dieser Gruppe ist die VIE-Theorie
von Vroom.
Die
Bedürfnispyramide nach Maslow (1908-1970) stellt die wahrscheinlich
bekannteste Unterteilung von Bedürfnissen dar. Nach Maslow lassen
sich demnach Bedürfnisse in 5 Ebenen einteilen, die aufeinander
aufbauen, d.h. erst nach der Befriedigung der Bedürfnisse der einen
Ebene erfolgt der Aufstieg in die nächsthöhere Ebene. Die Erfüllung
der höchstwertigen Bedürfnisse hat also immer die höchste
Motivationswirkung, demzufolge hat die Befriedigung eines als niedrig
bewerteten Bedürfnisses eine geringere Motivationswirkung und nimmt
sogar deutlich ab. Die Ebenen 1-4 stellen Defizitbedürfnisse dar,
was bedeutet, dass das Motiv aus einem Mangel heraus entsteht. Laut
Maslow wird eine optimale Bedürfnisbefriedigung (Homöostase)
angestrebt, da eine Übererfüllung der Bedürfnisse, als genauso
unangenehm erlebt wird, wie eine Untererfüllung. Die erste Ebene
beinhaltet die physiologischen Bedürfnisse, wie Nahrung, Schlaf,
Sexualverhalten. Auf diese physiologischen Bedürfnisse folgen
Sicherheit (2. Ebene), Zugehörigkeit (3. Ebene) und Achtung (4.
Ebene). Selbstverwirklichung (5.Ebene) bildet als Wachstumsbedürfnis
die Spitze der Pyramide und hat in ihrer Erfüllung keine Grenze nach
oben. Harry Levinson (2006) fasst Maslows Bedürfnishierarchie
folgendermaßen kritisch zusammen:
„Abraham Maslow´s
theory
of needs is an example of a normative theory that enables us to
understand generalized behaviors. However, it does not allow for
interventions of choice, e.g., what is the best thing to do about a
specific set of circumstances.” (S. 84)
Neben der von
Levinson bereits genannten Kritik an der Universalität der
Bedürfnisstärke kann weiterhin die angenommene, empirisch nicht
nachweisbare, Universalität der Stufenabfolge sowie das
Homöostaseprinzip, besonders für die höheren der
Defizitbedürfnisse, als problematisch angesehen werden.
Eine
Weiterentwicklung von Maslows Theorie stellt die ERG-Theorie nach
Alderfer (1940-2015) dar. Alderfer fasst die Bedürfnisse zu drei
Kategorien zusammen. Weiterhin erfolgt eine Liberalisierung der
Stufenabfolge. Demzufolge müssen nicht erst die Bedürfnisse der
einen Stufe erfüllt sein, bevor ein Aufstieg in die nachfolgende
Bedürfniskategorie erfolgt. Außerdem wird das Homöostaseprinzip
aufgelöst, was heißen soll, dass die einzelnen Bedürfnisse
einander kompensieren können. Die Übererfüllung der Bedürfnisse
der einen Kategorie, kann das Fehlen der Bedürfnisbefriedigung in
einer anderen Kategorie ausgleichen. Die drei Bedürfnisklassen nach
Alderfer sind Existence needs (E), also physiologische und materielle
Bedürfnisse, Relatedness needs (R), soziale, zwischenmenschliche
Bedürfnisse, sowie Growth (G), z.B. Selbstverwirklichung,
Selbständigkeit, Leistung.
Die
Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg beschreibt Hygienefaktoren und
Motivationsfaktoren. Zu den Motivationsfaktoren zählen
Entwicklungsmöglichkeiten, Anerkennung, Arbeitsaufgaben,
Verantwortung und Karrieremöglichkeiten, die, wenn vorhanden, die
Mitarbeiter zu optimalem Arbeitseinsatz motivieren können. Zu den
Hygienefaktoren gehören beispielsweise angemessener Lohn,
ansprechende Arbeitsumgebung, Personalpolitik und Status, die alleine
nicht motivierend wirken, aber bei vorhandenen Defiziten
Unzufriedenheit auslösen können. (Grimsmö, 2006, S. 283-284)
Die
1964 von Victor H. Vroom begründete VIE-Theorie geht davon aus, dass
für eine Person mehrere Anreize und Handlungsalternativen für die
Erreichung eines Zieles attraktiv sein können. Das Modell beruht auf
den drei zentralen Elementen Valenz, Instrumentalität und Erwartung,
die multiplikativ miteinander verknüpft sind. Die Variable Erwartung
bezieht sich auf die Ergebniserwartung, also darauf, wie
wahrscheinlich es ist, ein bestimmtes Arbeitsergebnis durch eigene
Anstrengung erreichen zu können. Valenz beschreibt Bewertung der
Folgen, sowohl positiv als auch negativ, welche durch die jeweiligen
Motive des Menschen beeinflusst wird. Instrumentalität bezieht sich
letztendlich auf die Wahrscheinlichkeit bestimmter Folgen des
Arbeitsergebnisses. Die VIE-Theorie liefert somit wichtige
Heuristiken für den Prozess der Mitarbeitermotivierung. (Kanning &
Staufenbiel, 2014a, S. 65-66)
Die
Auseinandersetzung mit den Motiven der Mitarbeiter, was sie antreibt
und motiviert, ihre Kompetenzen im Sinne der Organisation
einzusetzen, hat eine grundlegende Bedeutung für ein Unternehmen.
1Abhängig
davon, ob man innere Faktoren (z.B. biologische Mangelzustände,
psychologische Triebe) oder äußere, situationale Faktoren (z.B.
Belohnung, Bonus) betont (Übers. v. Verf.)
Ingen kommentarer:
Legg inn en kommentar