Urteilsheuristiken sind intuitive
Wahrscheinlichkeitsurteile, also Strategien zur Urteilsfällung. Sie
dienen dazu Urteile nicht anhand von tatsächlichen, errechneten
Wahrscheinlichkeiten zu fällen, sondern anhand von Erfahrungswerten.
Sie gehören zu den automatischen Denkprozessen und werden oft gar
nicht bewusst wahrgenommen. Verfügbarkeit, Repräsentativität,
Verankerung und Anpassung von Informationen spielen beim Fällen von
Urteilen eine entscheidende Rolle. Auch Gefühle und Stimmungen
können als Urteilsheuristik genutzt werden (Affektheuristik).
Biases, also Fehler bei der
Urteilsfällung, treten dabei vor allem bei starker Repräsentation
und Verfügbarkeit auf. Wenn zum Beispiel die Häufigkeit von
Todesursachen geschätzt werden soll und Verkehrsunfälle in der
Presse stärker vertreten sind als die Opfer von Herzinfarkten, ist
es sehr wahrscheinlich, dass die Häufigkeit von Verkehrsunfällen
mit Todesfolge höher eingeschätzt wird als sie tatsächlich ist,
die Anzahl von tödlich endenden Herzinfarkten hingegen für
niedriger angenommen wird als sie in Wirklichkeit ist. Untersuchungen
zeigen, dass die Urteilsfällung anhand von Urteilsheuristiken den
mathematisch errechneten Wahrscheinlichkeiten durchaus ebenbürtig
ist. Dabei zeigt sich oft der less-is-more Effekt, das heißt dass
Personen oft bessere Urteile fällen wenn ihnen weniger Informationen
zur Verfügung stehen, die gegeneinander abgewogen werden müssen.
Gigerenzer und Brighton schlagen
folgende Urteilsheuristiken vor:
- Recognition
Wird eine von zwei Alternativen
erkannt, wird sich für die bekannte Alternative entschieden. Sollen
Personen zum Beispiel entscheiden welche von zwei Städten die
größere ist, wird sich für die Stadt entschieden, die der Person
bekannt vorkommt. Das ist eine sinnvolle Herangehensweise, da größere
Städte auch für gewöhnlich einen höheren Bekanntheitsgrad
besitzen und in der Presse öfter vertreten sind. Um eine
Entscheidung zu treffen, reicht also ein einziger Grund aus.
- Fluency
Werden beide Alternativen erkannt,
wird sich für die schneller erkannte Alternative entschieden.
- Take-the-best
Diese Heuristik ist vor allem bei
nur wenigen zugänglichen Informationen den komplexen statistischen
Entscheidungsverfahren ebenbürtig oder sogar überlegen. Auch hier
reicht, wie bei der Recognition-Heuristik, ein einziger Grund aus um
eine Entscheidung zu treffen. Sind beide Alternativen bekannt, werden
weitere Hinweise (cues) gesammelt und absteigend nach Validität
(Vorhersagekraft) durchgegangen. Entschieden wird dann nach dem
ersten Hinweis, der die beiden Alternativen voneinander
unterscheidet.
- Tallying
Auch hier werden, wie bei der
take-the-best Heuristik, cues gesammelt. Entschieden wird sich dann
für die Alternative, die die meisten positiven Hinweise hat.
- Satisficing
Hierbei werden alle Alternativen
durchgegangen. Entschieden wird sich dann für die Alternative die
als erste ein vorher festgelegtes Zielkriterium erfüllt.
Bei der Entscheidung zwischen
„Heiraten“ und „Nicht Heiraten“ könnte Darwin die Tallying
Heuristik verwendet haben. Er könnte dabei die Suchregel,
Abbruchregel und Entscheidungsregel folgendermaßen angewandt haben.
Die Suchregel beschreibt eindeutig
in welcher Reihenfolge die Informationen betrachtet werden. Die Cues
werden dabei absteigend nach ihrer Validität sortiert und
nacheinander durchgegangen und miteinander verglichen. Darwin stellte
dabei positive und negative Aspekte des Heiratens und des nicht
Heiratens einander gegenüber. Die Abbruchregel stellt das Ende der
Informationssuche dar. Darwin hatte alle ihm wichtig erscheinenden
Aspekte anhand von zwei Listen einander gegenüber gestellt und
konnte somit vergleichen welche der beiden Alternativen die größere
Anzahl von positiven Aspekten mit sich bringen könnte, und entschied
sich demnach für das Heiraten (Entscheidungsregel).
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