Ursachen
für den mangelhaften Transfer wissenschaftlicher diagnostischer
Erkenntnisse in die Praxis
häufig eine misslungene Kommunikation als Ursache für
unzulängliche Qualitätssicherung
für Bereich der Personalentscheidungen erhofft man
sich Abhilfe von einer wirtschaftlichen Aufbereitung der
wissenschaftlichen Erkenntnisse
aus der Perspektive der Handlungssteuerung ist vor
allem das Feedback bedeutsam, das Diagnostiker in der Praxis
bekommen oder nicht bekommen
darüber hinaus ist zu analysieren ob Wissenschaft und
Praxis ihre Entscheidungen an den gleichen Kriterien ausrichten →
handlungsleitende explizite sowie implizite Kriterien zu betrachten
das
Kommunikationsproblem und seine vermeintliche Überwindung durch eine
wirtschaftsorientierte Aufbereitung der wissenschaftlichen
Erkenntnisse
„like it or not, the language of business is dollars,
not coefficients“ → Innovationen im Bereich der Diagnostik sind
weniger greifbar als technische Innovationen
wissenschaftliche Publikationen, in denen die für den
Bereich der Personalentscheidungen relevanten Erkenntnisse
aufbereitet werden, sind u.a. geprägt durch statistische Kennwerte
(z.b. Effektstärken in Form von Korrelationskoeffzienten) →
entsprechen nicht den in der Wirtschaft gebräuchlichen Kennwerten
Kosten-Nutzen-Formeln werden zunehmend verfeinert und
Parameter einbezogen, und somit die Dynamik des
Organisationsgeschehens berücksichtigt
Kosten spielen bei der Entscheidung für ein
Personalauswahlverfahren nur eine untergeordnete Rolle →
Kosten-Nutzen-Analysen zeigen anhand von konkreten Beispielen auf,
welchen enormen Vorteil es mit sich bringt, valide
Personalauswahlverfahren einzusetzen → die Entscheidungen der
Praktiker bleiben davon aber weitestgehend unbeeinflusst
Handlungstheoretische
Einbettung: die Bedeutung des (fehlenden) Feedbacks
es stellt sich die Frage, ob in der Praxis überhaupt
ein Qualitätsmangel wahrgenommen wird und somit ein
Veränderungsbedürfnis besteht → wichtig ist ein Feedback über
die Diskrepanz zwischen Ist- und Sollwert
ein Ziel definiert einen Leistungsstandard (Sollwert,
Idealzustand) und motiviert ein gerichtetes Verhalten
Sollwert wird handlungsleitend wenn man sich selbst als
wirksam erlebt, man eine Diskrepanz zwischen Ist- und Sollwert und
somit einen Bedarf wahrnimmt → erfordert ein Feedback
erst wenn Feedback vorliegt, kann entsprechend dem
Feedback-Loop Modell ein kontinuierliches Monitoring stattfinden,
eine Kontrolle ob das Ziel erreicht wurde
im nächsten Schritt kann der Einsatz zielrelevanter
Mittel zur Minimierung der Diskrepanz zwischen Soll- und Ist-Wert
initiiert werden → derartige Handlungen müssen in einem
aufwendigen Prozess koordiniert und so lange aufrechterhalten werden
bis die Diskrepanz beseitigt ist
eine Person, die keine Rückmeldung über die
Angemessenheit ihrer Vorgehensweisen, Beurteilungen und
Entscheidungen erhält, kann aus ihren Erfahrungen nicht lernen
insbesondere bei Entscheidungsaufgaben wirkt ein
Feedback leistungssteigernd, bei fehlendem Feedback bleibt die
Leistungssteigerung aus
die Existenz von Feedback gehört neben der
Eigenverantwortung und dem herausforderndem Charakter der Aufgabe,
zu den Rahmenbedingungen die gegeben sein sollten, damit ein
vorhandenes Leistungsmotiv in Leistungsverhalten umgesetzt wird
Feedback über die Qualität der Entscheidung muss mit
den diagnostischen Eingangsinformationen verknüpft werden
ohne Feedback ist es aber nicht möglich,
self-regulatory-skills zu entwickeln, selbst wenn man über viele
Jahre an Erfahrung verfügt
Diagnostik als selbstregulative schematische Abfolge
des Vergleichs von Soll- und Istwerten einerseits und Eingriffen in
das System andererseits
Fortschritte sollen in Form von Feedback-Schleifen in
das Bewusstsein gelangen
Prozessgestaltung sollte sich also an dem klassischen
TOTE-Konzept orientieren (Test, Operate, Test,
Exit)
erst durch das Feedback über die Qualität der
Diagnose kann die Qualität der Arbeit zum Leistungsanreiz werden
Leistungsmotivierte Menschen versuchen
ohne Feedback über die Qualität der Diagnose fehlt
der Leistungsanreiz für die Diagnostiker → Leistungsanreiz fehlt,
weil durch fehlendes Feedback Qualität eine astrakte, nicht
registrierbare Größe bleibt → weder positive, noch negative
Effekte
DIN 33430 als Grundlage für eine Qualitätssicherung
durch Feedback → Feedback erfolgt über Lizenzen,
Zertifizierungen, Checklisten
die DIN 33430 selbst definiert Qualität als
Beschaffenheit und bezieht sich auf konkrete Qualitätsforderungen
Grundprinzip besteht darin, dass die geforderten
Qualitätsmerkmale gemessen werden können, so dass die Erfüllung /
Nichterfüllung im Sinne des bisher beschriebenen Feedback-Systems
bestimmt werden kann
für
die Praxis relevante Entscheidungskriterien hinsichtlich der
Gestaltung der Diagnostik
dem
Wissenstransfer abträgliche Eigenschaften und Ziele einzelner
Entscheider
Individuell differentielle Perspektive → individuelle
Personenmerkmale können sich als Hindernis für den Wissenstransfer
von der Wissenschaft zur Praxis auswirken
das Dispositions-Konzept von Junge et al. Identifiziert
7 veränderungsrelevante persönliche Dimensionen
→ positive self-concept
openness to experience
tolerance of ambiguity
risk aversion
→ risk tolerance
risk tolerance weist konzeptionelle Übereinstimmungen
mit „resistance to change“ auf → Menschen mit einer hohen
Ausprägung dieser Dimension beharren auf Routinen, reagieren
emotional angespannt auf Veränderungen und sind in ihrem Denken
kurzfristig orientiert und rigide → führt dazu dass Innovationen
abgewehrt werden
Organisationen als „politische Arena“ für
individuelle Interessen → mit Personalauswahl und
Eignungsbeurteilung sind Aspekte der Machtausübung verbunden →
Privilegien werden verteidigt
den psychologischen Erkenntnissen zufolge reagieren
Personen auf von außen vorgenommene Initiativen, ihre
Entscheidungsfreiheiten einzuschränken, mit Reaktanz
„freie“ Personalauswahlverfahren machen mehr Spaß
und schützen vor Verantwortungsübernahme
Interviews sind aufgrund ihrer Interaktivität
abwechslungsreich, die Informationsverarbeitung erfolgt unmittelbar
und nicht über einen als „black box“ zwischengeschalteten Test,
die Rolle des Interviewers ist attraktiver als die Rolle des
Testverantwortlichen
intransparente, schlecht dokumentierte Verfahren
schützen vor Verantwortungsübernahme → ob ein Test falsch
ausgewertet wurde lässt sich eindeutig nachvollziehen, die
Verantwortlichen können zur Rechenschaft gezogen werden
ob ein Fehler in einem nicht dokumentierten Interview
gemacht wurde, lässt sich hingegen kaum nachvollziehen, so dass im
Falle eines Misserfolges niemand verantwortlich gemacht werden kann
verminderte
Einflussnahme der Wissenschaft aufgrund der einseitigen
Grundlagenorientierung der universitären Psychologie
praxisorientierte Arbeiten sind in der
grundlagenorientierten psychologischen Wissenschaft schlecht
angesehen
in der Grundlagenwissenschaft werden idealisierte
Situationen angestrebt, die unter störungsfreien Bedingungen eine
größtmögliche Kontrolle und planmäßige Variation der Variablen
ermöglichen
im Gegensatz zur Naturwissenschaft, in deren Glanz sich
die psychologischen Grundlagenwissenschaften sonnen, werden die
empirischen Arbeiten der Anwendungsfächer diesen Anforderungen
nicht gerecht
der Einsatz von diagnostischen Verfahren im Feld
erfordert Kompromisse, da der Klinik-, Schul-, Betriebsalltag nicht
gestört werden darf
die Pflicht auf englisch zu publizieren erschwert den
Wissenstransfer in die diagnostische Praxis → Praxis nimmt eher in
Nationalsprache verfasste Publikationen zur Kenntnis
im Gegensatz zur Naturwissenschaft geht es in der
angestrebten Diagnostik nicht um universelle Gesetze sondern um
zielorientiertes Handeln in einem definierten und sprachgebundenen
Anwendungskontext
Diagnostik ist sprach-, kultur- und kontextgebunden
Einseitige Ausrichtung auf Internationalität bedeutet
indirekt eine Ausgrenzung bestimmter inhaltlicher Themen aus dem
wissenschaftlichen Fokus
es besteht ein Mangel an geeigneten Publikationsforen
für praxisorientierte diagnostische Arbeiten → verknüpft mit
Internationalisierung