Methodische Besonderheiten
- Ebenen der Analyse
- auf welcher Ebene die Ergebnisse aggregiert werden sollen, hängt wesentlich von der Fragestellung und den Untersuchungszielen ab
- Ursachen, Wirkungen und Prozesse finden auf unterschiedlichen Ebenen statt:
- Mikroebene
- Mesoebene
- Makroebene
- überbetriebliche Gegebenheiten (z.B. allgemeine Marktsituation, Tarifverträge, Branchenspezifika) werden der Makroebene zugeordnet → z.B. Arbeitsplatzunsicherheit, Lohnniveau, soziale Zusatzleistungen
- organisationale Unterstützung, Informationsfluss, Aufstiegschancen, Organisation, Beteiligung und Kultur zählen zu den Konzepten der Mesoebene → sind der Organisation als Ganzes zugeordnet und unternehmensweit einheitlich geregelt → Ursachen liegen in der Unternehmensführung bzw. dem oberen Management
- Merkmale, die sich auf Arbeitsplatz oder Arbeitsgruppenebene unterscheiden, werden der Mikroebene zugeordnet → z.b. Arbeitsinhalt, individuelle und kollektive Handlungs- und Entscheidungsspielräume, Führung und arbeitsplatzbezogene Belastungen und Ressourcen
- Analysen und Kennziffern
- interpretiert werden können Mittelwerte und Streuungen
- mithilfe der deskriptiven Analyse einfacher Häufigkeitsverteilungen können Verknüpfungen unterschiedlicher Merkmale in Kreuztabellen dargestellt werden und Hinweise zu Zusammenhängen und Beziehungen der Merkmale untereinander entnommen werden
- im Rahmen einer Korrelationsanalyse lassen sich die Stärke der Zusammenhänge zwischen zwei oder mehreren Merkmalen durch Korrelationen ermitteln und multiple Regressionen durchführen
- in der Regel ist es nicht möglich im Rahmen einer Vollerhebung alle Mitarbeiter zu befragen → Ergebnisse basieren lediglich auf einer Stichprobe aller möglichen Teilnehmer
- je nach Verfahrensweise beträgt die Rücklaufquote bei Mitarbeiterbefragungen 30-60% → vor allem bei kleinen Stichproben besteht eine gewisse Unsicherheit, dass die gefundenen Zusammenhänge / Unterschiede zufällig entstanden sind und nicht den wahren Gegebenheiten der gesamten Organisation entsprechen
- bei Stichprobenziehungen ist deswegen darauf zu achten, dass ein möglichst unverzerrtes Bild der Organisation dargestellt wird
- ob die gefundenen Unterschiede / Zusammenhänge systematisch und damit bedeutsam sind oder ob es sich um Zufallseffekte kann näherungsweise mit statistischen Testverfahren überprüft werden → Signifikanztests
- bei der Berechnung von Korrelationen und Regressionen ist zu beachten, dass die Zusammenhänge nicht ohne weiteres für die gesamte Organisation berechnet werden können
- durch Moderatoranalysen können solche Zusammenhänge aufgedeckt und Fehlinterpretationen vermieden werden
- Erhebungsverfahren
- es bestehen mehrere Möglichkeiten, die zur Diagnose erforderlichen Daten zu erheben:
- Analyse von Akten und Dokumenten → meist harte Leistungsdaten wie z.b. Produktionskennziffern, Reklamationen, Krankenstände
- Interviews und Fragebögen → subjektives Erleben der Mitarbeiter erfasst → Selbstbericht
- Fremdbericht → Befragung von Personen, die das Verhalten als Beteiligte direkt erleben
- Beobachtung → offen und / oder verdeckt, teilnehmend, unterschiedlicher Grad der Standardisierung
- Methode der Mitarbeiterbefragung hat in der Organisationsdiagnostik eine zentrale Bedeutung
- häufig werden Mitarbeiterbefragungen nicht nur als Methode, sondern als selbständige Strategie im Rahmen der Organisationsentwicklung verstanden
- Interview können als direkte Befragung der Beteiligten (Experteninterviews) und / oder als Gruppeninterview durchgeführt werden und unterscheiden sich in ihrem Standardisierungsgrad → offen, narrativ, problemzentriert, strukturiert, explorativ
- standardisierte Fragen / Aussagen mit standardisierten Antwortvorgaben liefern eine direkte Datengrundlage für eine quantitative Auswertung
- offene Fragen werden meist nur als Ergänzung zu standardisierten Fragen gewählt und von Befragten meist auch weniger genutzt als die standardisierten Antwortvorgaben
- Querschnittsstudien → Datenerhebung erfolgt zu einem Zeitpunkt als Momentaufnahme
- Längsschnittstudie → Datenerhebung erfolgt zu unterschiedlichen Zeitpunkten → zu regelmäßigen oder zufällig ausgewählten Zeitpunkten werden Eintragungen zu bestimmten Sachverhalten vorgenommen → z.b. Verhaltensprotokolle, standardisierte Einschätzungen
- subjektive Methoden → individuelle Einschätzung der Befragten
- objektive Methoden → gewonnene Daten sind frei von subjektiven Einflüssen
- meist ist ein Methodenmix erforderlich
- die eingesetzten Methoden sollten gewissen Gütekriterien genügen:
- Reliabilität
- Validität
- es ist empfehlenswert auf Methoden zurückzugreifen, die sorgfältig entwickelt wurden und derenQualität bereits erprobt und nachgewiesen wurde
- Probleme und Grenzen der Interpretation
- Validität von Ergebnissen
- Repräsentativität → es besteht die Gefahr, dass bestimmte Gruppen überproportional vertreten und andere unterrepräsentiert sind
- möglich, dass die Unzufriedenen und Kritischen unterrepräsentiert sind, weil sie sich aus Angst vor negativen Konsequenzen nicht trauen ihre Meinung zu sagen, ähnliches ist von den Gleichgültigen zu erwarten → positive Verzerrung des Ergebnisses
- negative Verzerrung ebenfalls möglich
- Stichprobeneffekte → nur bei Vollerhebung vollständig ausgeschlossen, möglichst hoher Rücklauf ist anzustreben
- wesentliche Faktoren für eine hohe Beteiligung sind rechtzeitige, umfassende und glaubwürdige Informationen über die Ziele des Gesamtprozesses und das Vorgehen bei der Befragung
- bei der Umsetzung ist die konsequente Sicherstellung von Anonymität und Vertrauensschutz von großer Bedeutung
- grundsätzlich besteht auch die Möglichkeit der Ziehung einer Zufallsstichprobe um den Befragungsaufwand möglichst gering zu halten → vor allem bei großen Unternehmen
- dabei wird allerdings außer Acht gelassen, dass die Befragung bereits einen Teil der Intervention darstellt → Mitarbeiter, die nicht beteiligt sind, werden dann auch nicht für das Thema sensibilisiert und in das Vorhaben eingebunden
- Motivation spielt für das Antwortverhalten eher eine untergeordnete Rolle → motivierte Mitarbeiter beantworten Fragebögen meist umgehend, weniger motivierte später oder nach mehrmaliger Aufforderung
- Problematik potentieller Stichprobeneffekte betrifft in erster Linie die Interpretation von Mittelwerten, die über- oder unterschätzt werden können
- sind die Selektionseffekte so stark, dass die Variation der betroffenen Merkmale erheblich eingeschränkt wird, besteht die Gefahr, dass tatsächliche Zusammenhänge nicht entdeckt oder unterschätzt werden → z.b. Healthy-Worker-Effect
- Risiko echte Zusammenhänge zu unterschätzen, besteht ebenfalls wenn die eingesetzten Messinstrumente nur wenig reliabel sind → Verwendung von Skalen
- künstliche Überschätzung von Zusammenhängen sollte ebenfalls in Betracht gezogen werden → single source bias → z.b. Generalisierungseffekt, Drittvariablen, positive Affektivität, Optimismus, Ankreuztendenzen (Tendenz zur Mitte, Zustimmungstendenzen) → unterschiedliche Quellen einbeziehen, Alternativerklärungen in Betracht ziehen
- Interpretation von Ursache und Wirkung
- Vorsicht bei der Interpretation von kausalen Zusammenhängen wenn Korrelationen zwischen Merkmalen lediglich auf Querschnittsdaten basieren
- Wirkrichtungen lassen sich nur in eyxperimentellen oder längsschnittlichen Analysen nachweisen → von wechselseitiger Einflussnahme sollte ausgegangen werden