torsdag 11. januar 2018

Hans Jürgen Eysenck – Hemmungstheorie und Arousal-Theorie der Extraversion


Viele Psychologen haben Persönlichkeitszüge und Persönlichkeit definiert und gemessen. Hans Jürgen Eysenck (1916-1997), als einer der einflussreichsten Vertreter der Persönlichkeitsforschung, fokussierte mehr auf das gesamte Temperament eines Menschen als auf einzelne Charakterzüge. Er war Biologe und glaubte wie Galen und Hippokrates, dass physiologische Faktoren das Temperament eines Menschen beeinflussen. Hippokrates postulierte, dass die Persönlichkeitstypen aufgrund von Mangel oder Überschuss von bestimmten Körperflüssigkeiten entstehen. Galen baute auf dieser Theorie auf und benannte die vier Temperamentstypen Sanguiniker, Choleriker, Phlegmatiker und Melancholiker. Galens Theorie, mit ihrer physiologischen Herangehensweise, sprach Eysenck an, der ebenfalls der Überzeugung war, dass das Temperament eines Menschen physiologisch, genetisch und durch die ihn umgebende Umwelt bestimmt wird. Eysenck vermutete die biologischen Grundlagen für die Typendimensionen in individuellen Unterschieden in neurophysiologischen Erregungs- und Hemmungsprozessen und strebte die Entwicklung einer experimentell-empirisch prüfbaren, biologisch fundierten Theorie, grundlegender Persönlichkeitsmerkmale an. Extraversion nach Eysenck wird definiert als bipolare Dimension mit den Extrempolen Extraversion und Introversion. Extravertierte Personen sind demnach gesellig, lebhaft, aktiv, unternehmenslustig, selbstsicher, sorglos, optimistisch und aufbrausend, wohingegen introvertierte Personen als zurückaltend, schweigsam, verschlossen, introspektiv, zurückgezogen gesehen werden, die ihre Gefühle unter Kontrolle halten und gern voraus planen. Nach Eysenck stellt die Dimension Extraversion neben den Dimensionen Neurotizismus und Psychotizismus eine übergeordnete Persönlichkeitsdimension dar, die eine hierarchische Binnenstruktur aufweist. Extraversion setzt sich aus vier Hierarchieebenen zusammen. Das Verhalten einer Person in einer bestimmten Situation, also das konkrete Verhalten einer Person in einer ganz spezifischen Situation, stellt die erste Hierarchieebene dar (z.B. Eine Person tritt lebhaft in einer Diskussion auf). In der zweiten Ebene befindet sich das Verhalten einer Person in ähnlichen Situationen. Ist das Verhalten einer Person über ähnliche Situationen hinweg konstant handelt es sich um eine Gewohnheit (z.B. Eine Person tritt immer in Diskussionen lebhaft auf). Von einem Persönlichkeitsmerkmal wird gesprochen, wenn das Verhalten einer Person über verschiedene Situationen hinweg konstant ist, was der dritten Hierarchieebene entspricht (z.B. Eine Person tritt über unterschiedliche Situationen hinweg lebhaft auf, auch außerhalb von Diskussionssituationen). Die Persönlichkeitsmerkmale werden als Faktoren erster Ebene, als Primärfaktoren, bezeichnet. Korrelieren die verschiedenen Persönlichkeitsmerkmale positiv miteinander, haben sie also eine hohe Ausprägung, ist die Ausprägung der jeweiligen Persönlichkeitsdimension hoch (Hierarchieebene vier) wird z.B. eine Person als kontaktfreudig, aktiv und lebhaft beschrieben, ist die Ausprägung der Dimension Extraversion hoch. (Rammsayer & Weber, 2016b, S.94) Eysenck betonte die Bedeutung von Fragebögen, zusätzlich zu experimentellen Untersuchungsstrategien und war der Auffassung, dass sich beide Methoden ergänzen. Die fragebogenbasierenden Methoden stellen einen korrelativen Ansatz dar, mit dem Ziel interindividuelle Differenzen zu erfassen. Experimentelle Methoden sollen interessierende Variablen gezielt manipulieren.

1.2.1 Die Hemmungs-Theorie der Extraversion

Eysencks Hemmungstheorie der Extraversion von 1957 dient gemeinsam mit der Arousal-Theorie der Extraversion zur biologischen Einbettung der Extraversion und basiert auf Pawlows Konzept der Erregung und Hemmung (1927) und dessen Weiterentwicklung durch Hull (1943). Eysenck nahm an, dass extravertierte Personen zur Ausbildung schnell aufgebauter intensiver und langsam abklingender inhibitorischer Potenziale und schwacher exzitatorischer Potenziale neigen, wohingegen Introvertierte, nach Eysenck zur Ausbildung starker, lang anhaltender exzitatorischer und langsam einsetzender, schwacher inhibitorischer Potenziale neigen. Untersuchungen zum Reminiszenz- und Konsolodierungseffekt zeigten bei extravertierten Versuchspersonen, einen höheren Leistungszuwachs als bei introvertierten, was durch den Auf- und Abbau leistungshemmender inhibitorischer Potenziale erklärt wurde, die bei Extravertierten schneller erfolgen sollte, als bei Introvertierten und daher eine größere Leistungssteigerung bei den extravertierten Versuchspersonen bedingen sollte. (Rammsayer & Weber, 2016b, S.96) Die Hemmungstheorie der Extraversion hat sich etwas später als unzulänglich erwiesen, da das Hemmungskonzept unklar blieb, das Erregungs- und Hemmungsgleichgewicht lediglich eindimensional war und keine Annahmen über das zentralnervöse System als Grundlage für Unterschiede in den individuellen Extraversionsniveaus gestellt wurden. Aufgrund dieser Kritikpunkte entwickelte Eysenck 1967 die Arousaltheorie der Extraversion.

1.2.2 die Arousal-Theorie der Extraversion

Die Arousal-Theorie der Extraversion ist ein modifiziertes biologisches Extraversionsmodell und basiert auf weniger Zusatzannahmen als die Hemmungstheorie. Außerdem gibt es mehr experimentelle Befunde zu Verhaltensunterschieden. „Nach Eysencks Vorstellung löst afferenter sensorischer Input im ARAS neuronale Aktivität aus, die ihrerseits zu einer Erregungszunahme in verschiedenen kortikalen Hirnregionen führt.“ (Rammsayer & Weber, 2016b, S.97) Demnach postuliert die Arousal-Theorie also das ARAS (aufsteigendes retikuläres Aktivierungssystem), das im Hirnstamm lokalisiert ist und ein komplexes neuronales Netzwerk darstellt, als neuroanatomisches Substrat der Extraversion. Laut der Arousal-Theorie unterscheiden sich Introvertierte und Extravertierte in ihrem generellem Aktivierungsniveau. Introvertierte sind demnach grundsätzlich stärker habituell aktiviert und haben eine niedrigere Erregungsschwelle, als Extravertierte, sie weisen also eine größere Responsivität gegenüber sensorischer Stimulation auf und bereits schwache Reize können das ARAS überschwellig erregen. (Rammsayer & Weber, 2016b, S. 97f.) Introvertierte sind folglich chronisch reizüberflutet, erreichen ihr optimales Erregungsniveau zeitiger und versuchen aufgrund dessen, Situationen mit zu starker Stimulation zu vermeiden. Bei Extravertierten vermutete Eysenck hingegen eine höhere Erregungsschwelle des ARAS. Extravertierte erleben folglich verminderte Erregungsprozesse durch die Umwelt, in Verbindung mit hemmenden Impulsen des Körpers. Demzufolge suchen extravertierte Personen verstärkt nach Situationen mit hoher Stimulation. Diese Annahmen wurden mittels verschiedener psychophysiologischer Verfahren, wie Untersuchungen zur EEG Hintergrundaktivität, ereigniskorrelierten Potenzialen (z.B. N100, P300-Komponente) und mittels Magnetresonanztomografie, nachgewiesen. (Rammsayer & Weber 2016b; Rammsayer & Weber, 2016c; Kumari, Ffytche, Williams & Gray, 2004)

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