onsdag 31. august 2016

Stereotype, Vorurteile und soziale Diskriminierung

Stereotype, Vorurteile und soziale Diskriminierung

Stereotype

  • Stereotype definiert als kognitive Struktur oder mentale Repräsentation, die unser Wissen und unsere Überzeugungen über eine soziale Gruppe von Menschen enthält
  • Bildung, Erhalt und Veränderung von Stereotypen
    • Bildung von Stereotypen → Personen haben eine generelle Bereitschaft zur sozialen Kategorisierung → kognitiver Prozess der Gruppierung von Personen, die ein oder mehrere Merkmale gemeinsam haben
    • Gruppierung kann sich auf sehr breite Merkmalskategorien beziehen (Nationalität, Geschlecht, Alter) oder auf kleinere soziale Kategorien (Psychologie-Studenten, Büroangestellte)
    • Personen unterscheiden dabei auch gern zwischen Eigen- und Fremdgruppe
    • Kategorisierung geht dabei mit der Zuschreibung bestimmter Eigenschaften, Fähigkeiten, Motive einher
    • Stereotype über eine Fremdgruppe fallen dabei bezüglich ihrer Inhalte und zentralen Annahmen in der Regel negativer aus als Stereotype über die Eigengruppe
    • Mitglieder der Fremdgruppe werden insgesamt sehr ähnlich in Bezug auf zentrale Merkmale angesehen → Fremdgruppen-Homogenitäts-Effekt
    • Mitgliedern der Eigengruppe wird eine höhere Varianz in den zentralen Eigenschaften zugestanden → Eigengruppen-Heterogenitäts-Effekt
    • Personen schenken mit ihrem Stereotyp konsistenten Sachverhalten mehr Aufmerksamkeit und speichern es leichter ab, erinnern es langfristig besser als steretypinkonsistentes Verhalten / Informationen
    • Stereotype führen dazu dass Personen selektiv stereotypkonsistente Informationen suchen und in ihrer Bedeutung höher einschätzen → confirmation bias
    • beim Kontakt mit Fremdgruppenmitgliedern, die dem Stereotyp nicht entsprechen erfolgt eine Substereotypisierung → für das entsprechende Fremdgruppenmitglied wird ein Substereotyp angelegt
    • Personen unterliegen einem systematischen Bias bei der Verwendung von Sprache → linguistische Intergruppenverzerrung → positives Verhalten des Eigengruppenmitglieds wird in abstrakteren Worten beschrieben, als ähnliches Verhalten eines Fremdgruppenmitglieds (→ konkretere Beschreibung); bezogen auf negatives Verhalten zeigt sich das umgekehrte Muster
    • ultimativer Attributionsfehler:
      • positives Verhalten der Eigengruppe und negatives Verhalten der Fremdgruppe wird eher Persönlichkeitsmerkmalen zugeschrieben
      • negatives Verhalten der Eigengruppe und positives Verhalten der Fremdgruppe wird eher auf Situationsmerkmale attribuiert
    • Fremdgruppenmitglieder haben eine Chance das bestehende Stereotyp zu modifizieren, wenn sie in einem Aspekt dem Stereotyp nicht entsprechen, sonst aber prototypisch für diesen Stereotyp sind
    • erfolgen Abweichungen in größerer Zahl nicht einzugrenzender Fremdgruppenmitglieder, kann dies die Änderung des Stereotyps eher auslösen als wenn die Abweichung nur bei einer begrenzten Anzahl von Fremdgruppenmitgliedern wahrgenommen wird
    • Bumerang-Effekt bei Änderung der Stereotypen tritt auf wenn Personen deren Stereotyp extrem stark ausgeprägt ist, auf Fremdgruppenmitglieder treffen, die eine sehr starke Abweichung vom Stereotyp aufweisen
  • Stereotype, Wahrnehmung und Verhalten
    • Stereotype können automatisch / unbewusst aktiviert werden ohne dass die Personen Kontrolle darüber haben
    • der automatischen Aktivierung kann eine kontrollierte Informationsverarbeitung nachgeschaltet sein → kann die Effekte der automatischen Informationsverarbeitung modifizieren oder komplett verdrängen
    • Kontinuummodell der Eindrucksbildung → Wahrnehmung, Beurteilung oder Verhalten muss für die wahrnehmende / ausführende Person von persönlicher Bedeutung sein → kann der Fall sein, wenn die wahrnehmende / handelnde Person wichtige soziale Interaktionen mit der Zielperson unterhält oder in Zukunft eingehen will
  • Folgen für Mitglieder stereotypischer Gruppen
    • Aktivierung von Stereotypen in sozialen Interaktionen kann dazu führen, dass sich die Mitglieder einer Gruppe den stereotypen Erwartungen ihrer Interaktionspartner anpassen → sich-selbst-erfüllende Prophezeiung
    • stereotype threat
      • Bedrohung durch Stereotype → kann stereotyp konformes Verhalten fördern
      • Phänomen dass Angehörige stereotypisierter Gruppen, die sich der ihnen entgegengebrachten Stereotype bewusst sind und in stereotyprelevanten Situationen Angst haben die Stereotype zu bestätigen
      • die durch die wahrgenommene Bedrohung ausgelöste zusätzliche kognitive und emotionale Aktivität kann in der Folge zu Leistungseinbußen oder stereotypkonformem Sozialverhalten führen

Vorurteile

  • Vorurteile = ablehnende / feindselige Haltungen gegenüber einer Person,die zu einer Gruppe gehört, einfach deswegen weil sie dieser Gruppe angehört und deshalb dieselben zu beanstandenden Eigenschaften haben soll, die man der Gruppe zuschreibt
  • Menschen nehmen dabei Gruppierungen auf der Basis der Wahrnehmung besonders zugänglicher Merkmale vor → Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit
  • Vorurteile können sich aber auch auf andere Gruppierungsmerkmale beziehen wie Merkmale des Körpers, psychische und physische Erkrankungen, Herkunft, Schichtzugehörigkeit
  • Rassismus
    • ist die negative Einstellung gegenüber Menschen oder Bevölkerungsgruppen auf der Grundlage von (quasi) biologischen oder ethnischen Kriterien
    • unterschieden zwischen
      • institutionellem Rassismus
        • Gruppen werden in ihren fundamentalen Rechten oder bei der Ausübung ihrer Religion beschnitten
      • individuellem Rassismus
        • negative Einstellungen und Verhaltensweisen gegenüber einzelnen Mitgliedern bestimmter Gruppierungen
    • institutioneller und individueller Rassismus treten häufig gemeinsam auf und nähren sich gegenseitig
    • traditioneller Rassismus → offen ausgelebt und ausgedrückt
    • moderner Rassismus → subtile Vorurteile
      • ambivalenter Rassismus
      • symbolischer Rassismus
        • negative Gefühle gegenüber ethnischen Minderheiten werden hinter moralischen Werten versteckt
      • aversiver Rassismus
        • unterstützen und befürworten von eigentlich egalitären Normen, hegene aber unterschwellige Ängste und ein Gefühl der Unbehaglichkeit im Umgang mit Angehörigen bestimmter ethnischer Gruppen
      Personen erleben einen Konflikt zwischen einer tief verwurzelten emotionalen Abneigung gegenüber Angehörigen bestimmter ethnischer Gruppen und gesellschaftlicher Normen, die einen vorurteilsfreien Umgang mit Mitgliedern dieser Gruppe verlangen
    • Folgen des modernen Rassismus
      • Kontakt mit Angehörigen bestimmter ethnischer Gruppen wird gemieden
      • Benachteiligung dieser Gruppen und die Existenz von Rassismus wird geleugnet
      • affirmative Programme zur Förderung der Chancengleichheit werden abgelehnt
  • Sexismus
    • generell vorurteilsbezogene Einstellungen und diskriminierende Verhaltensweisen gegenüber Personen aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit
    • traditioneller Sexismus
      • Überbetonung der Unterschiede zwischen den Geschlechtern
      • Glaube an die Minderwertigkeit des weiblichen / männlichen Geschlechts
      • weitgehende Akzeptanz althergebrachter Geschlechterrollen
    • moderner Sexismus
      • Diskriminierung von Frauen in der Vergangenheit wird anerkannt, eine aktuelle Diskriminierung aber geleugnet → Ablehnung von Forderungen für Gleichberechtigung, da eine Gleichberechtigung bereits realisiert wurde
    • Theorie des ambivalenten Sexismus
      • hostiler Sexismus
        • feindseliger Sexismus
        • offene negative Bewertung von Frauen / Männern
      • benevolenter Sexismus
        • wohlwollender Sexismus
        • positive Stereotypisierung und paternalistische Einstellungen gegenüber den Geschlechtern
  • Altersvorurteile
    • negative Einstellungen gegenüber der Gruppe älterer Menschen sowie die differnzielle Assoziation von negativen Eigenschaften mit älteren Personen
    • double-standard-of-ageing → Männer und Frauen sind nicht in gleicher Weise von Altersvorurteile betroffen, Frauen erreichen zeitiger die für Altersvorurteile empfängliche Gruppe als Männer
    • Inhalte und Auswirkungen von Altersvorurteilen
      • ältere Personen werden insgesamt als weniger attraktiv, kompetent und mehr mit negativen stereotypen Eigenschaften beurteilt als jüngere
      • Altersvorteile nicht nur bei negativen, sondern auch bei positiven Eigenschaften → negative Einstufung in Dimension Kompetenz, positive Beurteilung in Dimension Wärme





soziale Diskriminierung

  • soziale Diskriminierung = Einzelnen oder Gruppen von Menschen wird die Gleichheit in der Behandlung vorenthalten, die sie wünschen
  • Diskriminierung umfasst alles Verhalten, das auf Unterschieden sozialer und natürlicher Art beruht, die keine Beziehung zu individuellen Fähigkeiten, Verdiensten oder dem tatsächlichen Verhalten der Person(en) haben
  • Individuumsorientierte Erklärung für soziale Diskriminierung
    • Theorie der autoritären Persönlichkeit
      • autoritäre Persönlichkeit zeichnet sich im Wesentlichen durch starke Orientierung an konventionellen Werten, unkritische Einstellung gegenüber idealisierten Autoritäten der Eigengruppe und die Bereitschaft, Anordnungen und Vorschläge dieser in unkritischer Weise auszuführen sowie eine Tendenz Aggressionen gegenüber Personen auszudrücken, die konvenionelle Werte der Eigengruppe verletzen
      • Personen können diskriminiert werden, weil sie sich nicht an Werte der Bezugsgruppe des Diskriminators halten, weil sie unkonventionelle Verhaltensweisen zeigen oder weil eine in der Eigengruppe des Diskriminators anerkannte Autorität dazu auffordert
    • Theorie der sozialen Dominanz
      • Personen mit hoher Orientierung an sozialer Dominanz haben ein starkes Bedürfnis danach dass gruppenbasierte soziale Hierarchien erhalten bleiben und dass dominante Gruppen untergeordnete Gruppen beherrschen
      • Handlungen zur Aufrechterhaltung von Intergruppenhierarchien befürwortet und Ablehnung von Auffassungen und politischen Programmen gegen Ungleichheit zwischen sozialen Gruppen
    • Vorurteile und Diskriminierung
      • substanzieller Zusammenhang zwischen Vorurteilsarten (offen / subtil) und diskriminierendem Verhalten
      • Zusammenhang zwischen subtilen Vorurteilen und diskriminierendem Verhalten durch Merkmale der Situation moderiert → Personen mit subtilen Vorurteilen zeigen besonders dann diskriminierendes Verhalten wenn dieses Verhalten der gegenwärtigen Norm zu entsprechen scheint
  • Gruppenorientierte Erklärung für soziale Diskriminierung
    • Theorie des realistischen Gruppenkonflikts
      • Ziele, die eine Gruppe nur auf Kosten anderer erreichen kann, führen zu sozialem Wettbewerb und Konflikten → Ursache für soziale Diskriminierung und Feindseligkeiten zwischen den Gruppen
      • Vorhandensein gemeinsamer, übergeordneter Ziele für deren erreichen beide Gruppen aufeinander angewiesen sind führt zum Abbau sozialer Diskriminierung und Feindseligkeit
    • Theorie der sozialen Identität
      • entwickelt um Paradigma der minimalen Gruppe zu erklären
      • Paradigma der minimalen Gruppe → die bloße Kategorisierung (anhand trivialer Merkmale) in Fremd- und Eigengruppe ist eine ausreichende Bedingung für das Entstehen sozialer Diskriminierung, ein Intergruppenkonflikt ist bedeutsam aber nicht notwendig
      • erklärt mit dem Streben von Personen nach einer positiven sozialen Identität → ergibt sich aus den Eigenschaften und Fähigkeiten der Gruppen, denen Personen angehören
      • Bevorzugung der Eigengruppe und Abwertung der Fremdgruppe ist somit Mittel zu Erreichung sozialer Überlegenheit und dient der Befriedigung des Bedürfnisses nach positiver sozialer Identität
  • Folgen sozialer Diskriminierung
    • soziale Diskriminierung kann psychische und physische Erkrankungen auslösen → Depression, Herzerkrankungen, Bluthochdruck
    • Personen streben nach einer positiven sozialen Identität → durch Benachteiligung aufgrund von Gruppenmitgliedschaft erfahren sie dass Fähigkeiten und Eigenschaften der eigenen Gruppe im sozialen Kontext negativ bewertet werden → gefährdet das Ausbilden einer positiven sozialen Identität
    • Erleben offener Diskriminierung kann Ängste auslösen auch in zukünftigen Situationen unfair behandelt zu werden (stereotype threat) → kann die Selbstpräsentation und das Leistungsverhalten negative beeinflussen

Einstellung und Verhalten

Einstellung und Verhalten

was ist eine Einstellung und welche Rolle spielt sie in der Sozialpsychologie

  • Einstellung = evaluatives Summenurteil über ein Objekt → Gegenstände, Personen, Gruppen, abstrakte Konstrukte
  • umfassen affektive, kognitive und eventuell verhaltensbezogene Komponente
  • Einstellungen sind ein zentrales Konzept in der Sozialpsychologie
  • Beispiele für Einstellungen:
    • Vorurteile
    • Selbstwert (die Einstellung zu sich selbst)
    • politische Ideologie
  • Hauptthemen der Einstellungsforschung
    • wie entstehen Einstellungen
    • wie beeinflussen Einstellungen die Informationsverarbeitung und das Verhalten
    • wie können Einstellungen geändert werden
    nicht auf die spezifischen Einstellungen bezogen

die Funktion von Einstellungen

  • Einstellungen regeln Annäherungs- und Vermeidungsverhalten → Zuwendung zu positiv bewerteten Dingen und Personen; Abwendung von negativ bewerteten → Verhaltensregulation
  • jedes Schema (Einstellungen) erleichtert die Verarbeitung neuer Informationen → Wissensfunktion
  • Abwertung der Fremdgruppe und Aufwertung der Eigengruppe → selbstwertdienlich
  • positive und negative Einstellungen vermitteln Zugehörigkeit und erleichtern die Selbstdefinition
  • bei Einstellungen, die der sozialen Identität dienen spielt das öffentliche Ausdrücken und Ausleben der Einstellung eine wichtige Rolle → trägt dazu bei die soziale Identität und Zugehörigkeit zu stärken

Einstellungen als temporäre Konstrukte vs. Gedächtnisrepräsentation

  • eine Einstellung kann automatisch aktiviert oder anhand eines Kontextes oder des Vorwissens konstruiert werden
  • Konstruktionshypothese → Einstellungen werden in der jeweiligen Situation auf Basis der gerade zugänglichen Informationen gebildet → erklärt nicht nur die Kontextabhängigkeit, sondern auch die Stabilität von Einstellungen
  • Konstruktionshypothese schließ´t auch nicht aus, dass ein Einstellungsobjekt sehr schnell eine evaluative Assoziation aktiviert → automatisch aktivierte Einstellungen

Struktur und Stärke von Einstellungen

  • die Reaktionen, aus denen eine Einstellung zusammengesetzt ist, können affektiver und kognitiver Natur sein
  • drei-Komponenten-Modell → beinhaltet zusätzlich die Möglichkeit einer Verhaltenskomponente
  • löst ein Einstellungsobjekt etwa gleich starke positive und negative Reaktionen aus → ambivalente Einstellungen
  • indifferenten oder neutralen Einstellungen → das Einstellungsobjekt löst werder negative noch positive Reaktionen aus
  • nicht alle Einstellungen sind gleich stark
  • Stärke kann sich auf die Extremität der Einstellung beziehen aber auch auf die Zugänglichkeit einer Einstellung

Messung von Einstellungen

  • direkte Maße der Einstellungsmessung → Person ruft bewusst Einstellungen ab und berichtet sie
  • standardisierte Selbstberichte setzen ein gewissen Maß an Introspektion voraus und Motive wie soziale Erwünschtheit können Selbstberichte verzerren
  • indirekte Verfahren der Einstellungsmessung → Person wird nicht befragt, sondern die Reaktion von der angenommen wird, dass sie die Einstellung reflektiert, wird erfasst
  • physiologische Messverfahren → Messung der Gesichtsmuskelaktivität → Elektromyogramm
  • projektive Verfahren → Personen erzählen zu einem Einstellungsobjekt eine freie Geschichte oder bilden Assoziationen → Auswertung sehr subjektiv und problematisch
  • Implicit-Association Test → basiert auf Reaktionszeit
  • indirekte Verfahren haben den Vorteil, dass die Person ihre Einstellung nicht bewusst verzerren kann, sofern sie nicht bewusst ist, dass ihre Einstellung erfasst wird → Erfassung der automatisch zugänglichen Einstellungen → implizite Einstellungen
  • Selbstberichte erfassen oft das Ergebnis elaborierter Informationsverarbeitung

Einstellungsbildung und Einstellungsänderung

  • Prozesse geringen kognitiven Aufwands
    • Mere exposure
      • wird ein Stimulus wiederholt dargeboten, wird dieser besser bewertet als ein Stimulus, der nur einmal dargeboten wurde → Darbietung allein ist ausreichend um die Einstellung zum dargebotenen Stimulus positiv zu beeinflussen
      • Effekt stärker unter kurzer, sogar subliminaler Darbietung → erschwert bewusste Verarbeitung
      • Leichtigkeit der Verarbeitung (perceptual fluency) durch wiederholte Darbietung des Stimulus wird als positiv erlebt und auf den Stimulus (miss)attribuiert
    • Konditionierung
      • evaluative Konditionierung
        • wenn sich die Bewertung eines Stimulus durch die gemeinsame Darbietung mit einem positiveren Stimulus verbessert / bei einem negativen Stimulus verschlechtert
        • bewusste Wahrnehmung der Stimuli nicht unbedingt notwendig
        • evaluative Konditionierungen sind relativ lang überdauernd
      • operante Konditionierung
        • Einstellungen lassen sich beeinflussen indem befürwortende oder ablehnende Äußerungen von Versuchspersonen über ein Einstellungsobjekt mit positiven (Verstärkung) / negativen (Bestrafung) Konsequenzen versehen werden
    • Nutzung interner Zustände
      • besteht darin sich auf ein Gefühl zu verlassen → How-do-i-feel-about-it-Heuristik
      • oft Übertragung / Missattribuierung einer positiven / negativen Vorstimmung auf das Einstellungsobjekt
      • auch subjektive Erfahrungen wie Leichtigkeit mit der Informationen erinnert oder verarbeitet werden können, beeinflussen Einstellungen
    • Nutzung externer Merkmale der Persuasionssituation
      • oft sind externe Merkmale wie die Länge der Botschaft, Eigenschaften des Kommunikators und nicht der Inhalt der Argumente entscheidend für eine Einstellungsänderung → heuristische Verarbeitung
      • Voraussetzung für die Nutzung einer Heuristik ist neben der Abrufbarkeit der Heuristik aus dem Gedächtnis die Wahrnehmung eines geeigneten heuristischen Hinweisreizes
      • Personen sind sich nicht immer bewusst, dass sie eine Heuristik anwenden
  • Prozesse höheren kognitiven Aufwands
    • Verarbeitung des Inhalts einer Botschaft
      • Leitfrage → Wer sagt Was zu Wem über welchen Kanal mit welchem Effekt
      • Quelle → wer
      • Botschaft → was
      • Rezipentenmerkmale → zu wem
      • Kommunikationskanal
    • Ansatz der kognitiven Reaktionen
      • Bedeutung aktiven Denkens im Prozess der Einstellungsänderung
      • Impfmethode → ein schwaches einstellungskonträres Argument wirkt wie eine Impfung → stärkt die Resistenz gegen stärkere einstellungskonträre Argumente
      • die ursprüngliche Einstellung wird durch aktives Nachdenken über schwache Gegenargumente nicht nur beibehalten, sondern gestärkt
      • Ansatz der kognitiven Reaktionen → Personen generieren in Auseinandersetzungen mit einer persuasiven Botschaft neue Gedanken oder kognitive Reaktionen, die zustimmend, ablehnend oder neutral sein können
      • die Einstellungsänderung ist über die kognitive Reaktion vermittelt und folgt umso mehr der in der Botschaft vertretenen Position, je größer der Anteil zustimmender (vs. ablehnender) kognitiver Reaktionen ist
    • zwei-Prozess-Modelle der Persuasion
      • Gemeinsamkeit unterschiedlicher zwei-Prozess-Modelle ist das Postulieren eines aufwendigen, inhaltsbezogenen, deliberativen Verarbeitungsmodus und eines weniger aufwendigen, cue-basierten, eher automatischen Verarbeitungsmodus
      • aufwendige Verarbeitung (Elaboration) besteht bei starken Argumenten vorwiegend aus zustimmenden kognitiven Reaktionen → positivere Einstellungen
      • bei schwachen Argumenten überwiegen die ablehnend kognitive Reaktionen → weniger positive Einstellungen

was bewirken Einstellungen: Einflüsse auf Informationsverarbeitung und Verhalten

  • Einstellungen beeinflussen die Wahrnehmung und Aufnahme von Informationen in der Umwelt
  • Informationen werden gern einstellungskonform interpretiert → Individuen suchen eher nach einstellungskonformen Informationen
  • Einstellungen beeinflussen als kognitives Schema die Informationsverarbeitung
  • Einstellungen beeinflussen Verhalten kausal
  • wann sind Einstellungen gute Verhaltensprädiktoren?
    • Einstellungen sagen Verhalten besser vorher, wenn sich die Spezifikationsgrade der Einstellung und des Verhaltens ähnlich sind → Korrespondenzprinzip
    • eine globale Einstellung sagt ein spezifisches Verhalten schlechter vorher
    • die Vorhersagegenauigkeit einer Einstellung erhöht sich wenn mehrere Handlungen erfasst werden → Aggregationsprinzip
  • wie wirken sich Einstellungen auf Verhalten aus?
    • Theorie des überlegten Handelns
      • die proximale Ursache von Verhalten ist die Verhaltensabsicht → die bewusste Entscheidung, ein bestimmtes Verhalten auszuführen
      • die beiden Hauptbestimmungsfaktoren der Absicht sind Einstellung gegenüber dem Verhalten und die subjektive Norm
      • die Einstellung gegenüber dem Verhalten ist die Summe der Produkte aus Erwartungen und Bewertung
      • jedes einzelne der Produkte besteht aus der subjektiven Wahrscheinlichkeit (Erwartung), dass das Verhalten eine bestimmte Konsequenz hat, multipliziert mit dem Wert, der dieser Konsequenz beigemessen wird
      • die subjektiv wahrgenommenen sozialen Konsequenzen des Verhaltens werden getrennt behandelt → Konstrukt der subjektiven Norm → Summe von Produkten → jedes Produkt besteht aus der Überzeugung, dass eine für die Person bedeutsame andere Person der Meinung sei, sie sollte das Verhalten ausführen und der Bereitschaft dem Wunsch dieser Person nachzukommen
    • Theorie des geplanten Verhaltens
      • Modell des überlegten Handelns erweitert um die subjektiv wahrgenommene Verhaltenskontrolle als zusätzlichen Prädiktor
      • soll die Vorhersagekraft für Verhaltensweisen verbessern, über die die Person keine vollständige Willenskontrolle hat
      • wahrgenommene Verhaltenskontrolle kann entweder direkt beeinflusst werden (über die Verhaltensabsicht) oder indirekt (in dem Ausmaß in dem sie die tatsächliche Kontrolle über das betreffende Verhalten korrekt widerspiegelt)
    • Theorie des geplanten Verhaltens ist der Theorie des überlegten Handelns dann bei der Vorhersage der Verhaltensabsichten überlegen, wenn das untersuchte Verhalten schwer auszuführen ist, nicht unbedingt, wenn es leicht auszuführen ist
    • Kritik an beiden Theorien → Fehlen verschiedener anderer Faktoren; Gültigkeit auf bewusste, absichtliche Verhaltensweisen beschränkt
    • MODE-Modell (motivation and opportunity as determinants) und RIM-Modell (reflective impulsive model)
      • Motivation und Gelegenheit beeinflussen wie Einstellungen das Verhalten bestimmen

Einstellungsänderung als Folge von Verhaltensänderung

  • Reaktanztheorie → eine Verhaltensänderung kann eine Einstellungsänderung in entgegengesetzter Richtung nach sich ziehen
  • Sanktionen gegen unerwünschtes Verhalten können zu einem Bumerang-Effekt führen und die Attraktivität der Handlungen steigern
  • auch positive Anreize, ein bestimmtes Verhalten auszuführen, können unter bestimmten Bedingungen entgegengesetzte Einstellungsänderungen bewirken
  • Einstellungsinkonsistentes Verhalten erzeugt Dissonanz, welche durch Einstellungsänderung reduziert werden kann → Rechtfertigung des Verhaltens im Nachhinein

Soziale Kognition

Soziale Kognition

was sind soziale Kognitionen?

  • Soziale Kognitionen sind die Art und Weise, in der Menschen Informationen aus ihrer sozialen Umwelt aufnehmen, abspeichern und weiterverwenden
  • dienen dazu sich im sozialen Geschehen angemessen verhalten zu können
  • der Mensch als soziales, aktives, bewusst erlebendes und reflektierendes Wesen

Priming

  • in der Sozialpsychologie wird der Begriff „Priming“ im Sinne einer Bahnung verwendet, die durch vorausgegangene Ereignisse oder Erfahrungen erzeugt wird
  • Priming bezeichnet im Allgemeinen die Erleichterung einer Reaktion auf einen Zielreiz (Target) aufgrund der vorherigen Darbietung eines Bahnungsreizes (Prime) → geschieht durch eine Steigerung der Zugänglichkeit zu bestimmten gespeicherten Informationen im Gedächtnis durch den Prime
  • Arten des Priming:
    • semantisches Priming
    • affektives Priming
    • prozedurales Priming
  • semantisches Priming
    • Effekt, dass die Aktivierung eines Wortes die Verarbeitung all jener Worte beschleunigt, die zum ersten Begriff eine semantische oder kategoriale Beziehung aufweisen
    • häufig erforscht durch lexikalische Entscheidungsaufgaben
  • affektives Priming
    • Phänomen, dass die Verarbeitung eines affektiven Reizes (Target) erleichtert wird, wenn diesem Reiz ein affektiv konsistenter Reiz (Prime) voraus geht
  • prozedurales Priming
    • wenn zuvor eine bestimmte Prozedur durch den Prime aktiviert wurde, so wird anschließend dieselbe Verarbeitungsstruktur beim Target schneller durchgeführt, auch wenn der Prime in einem völlig anderen Kontext oder im Zusammenhang mit einem unterschiedlichen Thema präsentiert wurde
  • wie kommt es zum Primingeffekt?
    • Automatische Aktivitätsausbreitung
      • je ähnlicher sich zwei Informationen sind, desto enger liegen sie im Netzwerk räumlich benachbart und desto stärker sind sie über assoziative Bahnen (Nervenverbindungen) miteinander verbunden
      • sobald ein bestimmter Knoten (Informationseinheit) im Netzwerk aktiviert wird, breitet sich diese Aktivierung im Netzwerk aus → der Abruf des gesamten Bedeutungsgeflechts wird vereinfacht
    • Reaktionsbahnung
      • Prime aktiviert automatisch eine bestimmte Handlungstendenz → eine geforderte Reaktion auf ein Target wird erleichtert, wenn der zuvor verarbeitete Prime mit derselben Reaktion verknüpft ist → Orientierung am Prinzip des prozeduralen Priming
    • Papierkorb-Modell
      • last-in-first-out-Prinzip
      • die zuletzt aufgerufenen Informationen können am einfachsten wieder abgerufen werden da diese im Speicher an oberster Stelle abgelegt wurden
  • Medienforschung als Beispiel für die praktische Anwendung des Priming-Paradigmas
    • Verwendung des klassischen Priming-Paradigmas in der Grundlagen- und Anwendungsforschung → z.b. in der Medienforschung
    • Priming-effekt von Autorennspielen auf tatsächliches Verhalten im Straßenverkehr

Gedankenlosigkeit und assoziierte automatisierte Prozesse

  • beschreibt allgemein die menschliche Tendenz, in bestimmten Situationen nicht adäquat auf situative Erfordernisse einzugehen, sondern bei der Bewertung und Handlungsplanung auf erlernte Normen und Konzepte gedankenlos zurückzugreifen → „auf Autopilot schalten“
  • Gedankenlosigkeit
    • automatisch ablaufende Befolgung internalisierter sozialer Normen und Konzepte
    • Anwendung von früh erlernten Mustern, ohne dass deren Zutreffen auf die aktuelle Situation hinterfragt wird
    • Gedankengänge und Handlungen spielen sich innerhalb von engen, vorgefertigten Kategorien ab und sind durch mangelnde Offenheit für alternative Sichtweisen und Lösungen sowie durch eine starre Ergebnisorientierung geprägt
    • drei Formen der Gedankenlosigkeit
      • Gefangensein in Kategoriendenken
      • mechanische und automatische Reaktionen
      • Handeln unter einer einzigen perspektive
  • Gefangensein in Kategoriendenken
    • ein Individuum erlebt, strukturiert und verarbeitet seine Umwelt indem es Kategorien bildet
    • einfache Zusammenhänge werden oft nicht erkannt, da eine flexible kategorienübergreifende Verknüpfung einzelner Bausteine im kognitiven System nicht mehr möglich ist
    • funktionale Gebundenheit beim Problemlösen → Beispiel für Gefangensein in starrem Kategoriendenken → Funktion von Gegenständen beeinflusst die Problemlösung → funktionale Gebundenheit
  • mechanische und automatische Reaktionen
    • bezieht sich auf Wiederholungsaufgaben sowie das Handeln aus Gewohnheit → z.b. Lesen und Schreiben als automatisierte Prozesse
  • Handeln unter einer einzigen Perspektive
    • kommt durch Handeln unter dem alleinigen Einbezug einer einzigen Perspektive zu Stande
    • dabei sind alternative Blickwinkel und Herangehensweisen ausgeblendet → zurück greifen auf altbewährte Denk- und Handlungsmuster, Fehlen von Offenheit für andere Standpunkte
  • alle drei Arten gedankenlosen Handelns können im Alltag nutzbringend sein → wir wären schnell überfordert, wenn wir in jeder alltäglichen Situation innehalten und unser Verhalten genau planen würden → Verlust an Handlungsfähigkeit
  • Nachteile gedankenlosen Handelns → Neigung unzutreffende, überholte Denk- und Verhaltensmuster anzuwenden → Möglichkeit wichtige Zusammenhänge zu übersehen
  • Entstehung von Gedankenlosigkeit
    • Enstehungsfaktoren
      • vorgegebene Regeln
      • Normen
      • Gesetzmäßigkeiten
    hoch spezifische Anweisungen ermutigen gedankenloses Verhalten
    starre Fixierung auf Ergebnisse statt auf Prozesse, Macht des Kontextes sind weitere bedeutende Anteile zur Entstehung gedankenlosen Handelns
  • Mindfulness als Gegenpol zur Gedankelosigkeit
    • äußert sich in der Produktion ständig neuer Kategorien, im Aufgreifen neuer Informationen und unterschiedlicher Standpunkte, in geistiger Offenheit für neuartige Zusammenhänge und Perspektiven
    • Kontexte können verändert werden und bringen dadurch neue Energie, Fantasie, Kreativität hervor
    • Steigerung der Mindfulness bringt im Geschäftsleben positive Effekte hervor → Kreativität nimmt zu, Risiko eines Burn-out nimmt ab
    Kritik → keine klare Abgrenzung zu ähnlichen Konzepten; ist Mindfulness eine Persönlichkeitseigenschaft, eine kognitive Fähigkeit oder ein kognitiver Stil

gelungene interdisziplinäre Vernetzung: die soziokognitive Wissenschaft

  • Verbindung von Aspekten der Sozialpsychologie und der Neurowissenschaften in der Disziplin der soziokognitiven Neurowissenschaften
  • soziokognitive Neurowissenschaft
    • zeichnet sich dadurch aus, dass menschliches Erleben, Verhalten und Handeln aus drei unterschiedlichen Perspektiven betrachtet wird
      • soziale Einflussfaktoren
      • kognitive Einflussfaktoren
      • neuronale Einflussfaktoren
  • Überblick: Methoden der Neurowissenschaften
    • ethischer Grundsatz → das Wohl des Patienten steht über dem Erkenntnisfortschritt
    • bildgebende Verfahren
      • Rötgenkontrastdarstellung
      • Computertomographie (CT)
      • Kernspintomographie
      • Positronen-Emissions-Tomographie (PET)
      Ziel Darstellung der inneren Organe
    • psychophysiologische Methoden
      • EEG, EMG, EOG, EDA
      • erfassen Aktivitätsmaße von Gehirn, Muskeln, vegetativem Nervensystem durch äußerlich angebrachte Elektroden
    • invasive physiologische Methoden
      • werden aus ethischen Gründen nicht an Menschen durchgeführt
      • z.b. gezielte Entfernung oder Beeinträchtigung von Teilen des Gehirns
    • Pharmakologische Methoden
      • im Tierversuch
      • Verabreichung chemischer Substanzen um die jeweilige Wirkung auf das Nervensystem / das endokrine System zu untersuchen
  • Forschungsschwerpunkte in der soziokognitiven Neurowissenschaft
    • andere Menschen wahrnehmen und verstehen
    • sich selbst wahrnehmen und verstehen
    • sich selbst kontrollieren und regulieren
    • Interaktionsprozesse
    • Interdiziplinäre Vernetzung in den soziokognitiven Neurowissenschaften führt zu richtungsweisenden Erkenntnissen

Soziale Urteile und Rationalität bei Entscheidungen: Urteilsheuristiken und Erwartungen

Soziale Urteile und Rationalität bei Entscheidungen: Urteilsheuristiken und Erwartungen

Rationalität bei Entscheidungen

  • Einbeziehen von allen möglichen relevanten Informationen bei der Urteilsfindung ist in vielen Situationen nicht möglich
  • als Folge verzerren Personen unbewusst in ihrer Wahrnehmung bestimmt Ereignisse und Informationen, so dass es zu einem fehlerhaften Urteil kommen kann
  • Folge → Gesetze der Logik und Rationalität sind nicht immer relevant für die Entscheidungsfindung und das Verhalten von Individuen

Urteilsheuristiken

  • Urteilsheuristiken = unaufwendige Nutzung momentan zur Verfügung stehender Informationen für die Urteilsfindung
  • Urteilsheuristiken sind zweckdienlich und einfach anzuwenden, führen oft zu brauchbaren Urteilen es kann aber auch zu Fehlurteilen und systematischen Verzerrungen kommen, weil nicht alle für eine optimale Urteilsfindung erforderlichen Informationen berücksichtigt werden
  • Urteilsheuristiken sind einfache Daumenregeln, mit denen sich Urteile schnell und effizient bilden lassen → vereinfachende Entscheidungsregeln, werden auf leicht zu erhaltende Informationen angewendet und erlauben ein hinreichend genaues Urteil unter geringem Verarbeitungsaufwand
  • Leichtigkeit der Abrufbarkeit einzelner Informationen: die Verfügbarkeitsheuristik
    • Individuen greifen auf Informationen zurück, die leicht aus ihrem Gedächtnis abgerufen werden können → je leichter ein Ereignis aus dem Gedächtnis abgerufen werden kann, desto höher wird die Häufigkeit / Wahrscheinlichkeit dieses Ereignisses eingeschätzt
    • Voraussetzung für die Anwendbarkeit sind Kategorisierungsprozesse → beziehen sich auf die menschliche Neigung Personen, Situationen, Ereignisse aufgrund gemeinsamer charakteristischer Merkmale bestimmten Kategorien zuzuordnen
    • aus Verfügbarkeitsheuristik resultieren aber auch Fehlurteile, da die Leichtigkeit der Erinnerung durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst wird
      • recency effect → kürzlich eingetretene Ereignisse werden leichter erinnert, als länger zurück liegende
      • salience effect → subjektive Besonderheit des Ereignisses übt Einfluss auf die Verfügbarkeit dahingehend aus, ob das Ereignis besondere Aufmerksamkeit des Individuums erregt hat
      • congruency effect → stimmt der Erinnerungs- mit dem Enkodierungskontext überein, wird das Ereignis leichter erinnert
    • Leichtigkeit der Abrufbarkeit von Informationen als vermittelnder Mechanismus der Verfügbarkeitsheuristik → empfundene Leichtigkeit der Abrufbarkeit der Informationen übertrifft inhaltsbasierten Effekt
  • Urteile unter Rückgriff auf Ähnlichkeit und Merkmalsverteilung: Repräsentativitätsheuristik
    • ist die Urteilsfindung auf Basis von Kategorisierungsprozessen
    • Urteile über die Repräsentativität eines Ereignisses für eine Kategorie werden getroffen
    • je typischer der konkrete Fall für das Modell ist, um so größer wird die Wahrscheinlichkeit eingeschätzt, dass der Fall diesem Modell zugehörig ist und umso eher wird der konkrete Fall der Kategorie zugeordnet
    • wenn neben der Repräsentativität andere Faktoren die Wahrscheinlichkeit der Zugehörigkeit beeinflussen kann diese Heuristik in Fehlurteilen resultieren
    • Vernachlässigung der Basisrate → Häufigkeitsverteilung in der betreffenden Grundgesamtheit findet kaum Berücksichtigung bei der Urteilsfindung
    • weniger Basisraten-Vernachlässigung bei Informationen über die absolute Häufigkeit → fehlerhafte Entscheidungen treten auf, wenn Personen nicht gut mit dem Wahrscheinlichkeitsbegriff umgehen können
    • Nicht-Beachtung der Basisrate kann evtl. dadurch erklärt werden, dass Versuchspersonen die Aufgabe aufgrund ihrer Formulierung eher als psychologische denn als statistische Problemstellung betrachten
    • zusammenfassend → bei der Anwendung der Repräsentativitätsheuristik findet eine individuelle Persönlichkeitszuschreibung zu einer Kategorie statt ohne die Informationen der Basisrate genügend zu berücksichtigen
  • Anker- und Adjustierungsheuristiken
    • beinhaltet das Phänomen, dass Urteile bezüglich numerischer Größen in Richtung eines Ausgangswertes (Anker) ausgerichtet werden
    • im Verlauf des Urteilsprozesses werden die Anker verändert (adjustiert) um zu einem endgültigen Urteil zu kommen
    • Ankereffekt = Annäherung eines Urteils an einen wahrgenommenen Ausgangswert → vorhergegangene quantitative Informationen beeinflussen die Urteilsfindung, Individuen orientieren sich bei der endgültigen Urteilsbildung an diesem Ankerwert
    • Ankereffekt zum Beispiel im juristischen Kontext zu finden → Staatsanwaltforderung (Ankerwert) – richterlicher Urteilsspruch
    • first-offer-effect → Bereich monetärer Verhandlungsführung; eingebrachter Anker seitens des Verkäufers kann bessere Verhandlungsergebnisse zugunsten des Verkäufers herbeiführen
    • kognitive Mechanismen, die der Anker- / Adjustierungsheuristik zugrunde liegen:
      • numerische Primingprozesse → Ankereffekt lässt sich auf höhere Verfügbarkeit des numerischen Stimulus zurückführen → Anker = aktivierter numerischer Wert
      • selektives Hypothesentesten → Menschen gehen von einem bestimmten Ausgangswert aus und suchen Informationen, die mit dem Ausgangswert vereinbar sind / diesen bestätigen → positive Teststrategie → generieren selektiv Informationen, die mit der Hypothese konform sind
      • semantisches Priming → Darbietung eines Kontextreizes beeinflusst die Verarbeitung eines weiteren nachfolgenden Begriffs, falls zwischen beiden Begriffen eine semantische oder kategoriale Beziehung besteht
      • positives selektives Hypothesentesten führt dazu dass das aktivierte semantische Wissen für den Urteilsprozess besonders kognitiv zugänglich ist → dieses Wissen ist bei der Urteilsbildung besonders einflussreich → es kommt zu einer Verzerrung in Richtung des Ausgangswertes
  • Emotionsheuristik
    • Effekt von Stimmung in Bezug auf das Urteilsvermögen von Probanden; Menschen neigen dazu bei guter Laune verschiedenste Einstellungsobjekt und Personen positiver zu beurteilen als bei schlechter Laune → Stimmungslage dient als Heuristik für die Beurteilung
    • es bestehen subjektive Schwierigkeiten zwischen der emotionalen Reaktion auf eine Sache und der möglicherweise bereits vorher bestehenden Stimmung zu unterscheiden → Personen interpretieren oft fälschlicherweise ihre Stimmung als Reaktion auf das Urteilsobjekt → führt zu stummungskongruenten Urteilen
    • Emotionsheuristik / Affektheuristik kommt insbesondere dann zum Tragen wenn eine schnelle und vereinfachte Urteilsbildung erforderlich ist
    • interessant ist, dass die Nutzung der momentanen Stimmung als Informationsgrundlage nicht notwendigerweise in stimmungskongruenten Urteilen enden muss → unter bestimmten Voraussetzungen kann eine schlechte Stimmung auch positive Urteile / eine gute Stimmung auch negative Urteile hervorrufen
  • Simulationsheuristik (Kontrafaktisches Denken)
    • Versuch Aspekte geschehener Tatsachen mental umzuändern → bezieht sich auf die Leichtigkeit, mit der ein anderer Verlauf der Dinge vorgestellt werden kann
    • man findet sich oft nur schwer mit bestimmten Ereignissen ab → versucht Ereignisse durch alternative Verläufe gedanklich zu verändern → häufig bei negativen Erfahrungen
    • weiterer Auslöser ist die Knappheit mit der etwas verfehlt wurde
    • Typen kontrafaktischen Denkens:
      • Richtung → Aufwärts / positiv gerichtetes Denken → gedankliche Verbesserung; abwärts /negativ gerichtetes Denken → gedankliche Verschlechterung
      • Aktion → aktiv ; inaktiv; → Addition / Subtraktion eines Aspektes vom momentanen Status
      • Fokus → Fokus einer Handlung oder eines Ereignisses liegt bei einem selbst oder bei einer anderen Person
    • Funktionen kontrafaktischen Denkens
      • Personen werden durch die Erkenntnis der Ursachen früherer Entwicklungen in die Lage versetzt, zukünftige ähnliche Ereignisse von vornherein in erwünschte Bahnen zu lenken
      • mentales Entfliehen vor schlimmen Ereignissen und den dadurch ausgelösten Affekten
    • Kontrastmechanismus → Ereignis stellt sich schlimmer dar, wenn eine wünschenswertere Alternative möglich gewesen wäre und besser wenn eine weniger wünschenswerte Alternative möglich gewesen wäre
    • kausale Inferenz → einem Einflussfaktor wird eine hohe Bedeutung beigemessen, wobei es leicht geschehen kann dass andere wichtige Einflussfaktoren vernachlässigt werden
    • viele der beobachtbaren Urteilseffekte (Zuteilung von Schuld, Verantwortung und Verursachung) lassen sich aus der Wirkung kontrafaktischen Denkens auf Ursachenzuschreibung erklären

Einfluss von Erwartungen auf kognitive Verarbeitungsprozesse

  • Schemata
    • Schemata stellen mentale Strukturen dar, die Personen dazu dienen, das eigene Wissen über die soziale Realität in Kategorien zusammen zu fassen
    • das gesamte Wissen um die Welt wird in Schemata abgespeichert / kognitiv repräsentiert
    • die Beurteilung anderer Menschen oder des Selbst werden als Personenschemata / Selbstschemata bezeichnet
    • Schemata, die sich auf zeitlich geordnete Situationen beziehen werden als Ereignisschemata / Scripts bezeichnet
    • Schemata, die sich auf Mitglieder eines Geschlechts oder einer Rasse beziehen nennt man Stereotypen
    • Schemata verknüpfen die Eindrücke aus der sozialen Umwelt zu mentalen Konzepten, so dass sie schneller zugeordnet werden können und zu einer schnelleren Entscheidungsfindung beitragen
    • Menschen haben bestimmte Erwartungen / Hypothesen an die soziale Realität, welche wiederum unsere Informationsaufnahme und unser Verhalten beeinflussen
    • Schemata sind deshalb wichtig weil ohne bereits gebildete Schemata neue Eindrücke nicht zugeordnet und verbunden werden können → helfen Mehrdeutigkeit sozialer Situationen zu erkennen und zu reduzieren
    • automatisches Denken in Schemata hilft somit unsere soziale Umwelt kognitiv zu ordnen und soziale Situationen mit bisherigen Erfahrungen in Bezug zu setzen
    • mentale Schematisierungen können auch negative Auswirkungen auf menschliches Verhalten ausüben
  • Perseveranzeffekt
    • bereits bestehende Schemata können weiter bestehen, selbst nachdem sie sich als unzutreffend herausgestellt haben → unbewusstes Eigenleben von Schemata
    • Erwartungen und Schemata werden selbst bei eindeutiger und widersprüchlicher Evidenz nur unzureichend revidiert
  • Hypothesentheorie der Wahrnehmung
    • Personen verarbeiten Informationen häufig nicht rational, sondern neigen zu einer verzerrten Informationsverarbeitung und Urteilsbildung
    • Hypothesentheorie verdeutlicht den Einfluss bestimmter Erwartungen und Schemata auf Wahrnehmungsprozesse und setzt Denken, Erinnern und Wahrnehmen in Bezug
    • Wahrnehmung beginnt bereits vor der Eingabe von Reizinformationen mit der Bereitstellung einer Wahrnehmungs-Erwartungs-Hypothese (perceptual set), die beeinflusst inwiefern man etwas wahrnimmt und interpretiert
    • wie sehr das Wahrnehmungsergebnis durch die Hypothese bestimmt wird, hängt von der Stärke der Hypothese und der Anzahl der Alternativhypothesen ab
    • das perceptual set über das eine Person verfügt, entsteht im Sozialisationsprozess und wird durch neue Erfahrungen laufend verändert
    • die Bereitstellung dieser Erwartungshypothese beeinflusst wie nachfolgende Informationen verarbeitet werden
    • Informationen werden meist im Sinne der subjektiven Erwartung interpretiert und der Hypothese angepasst
    • die Informationen, welche zur Erwartungshypothese konform bewertet werden, bekräftigen die bestehende Erwartung und führen so zur Selbstbestätigung einer Hypothese
    • die Hypothesentheorie leistet einen grundlegenden Beitrag zur Erklärung von sozialen Wahrnehmungs- und Interpretationsprozessen und verdeutlicht den Einfluss bestehender Erwartungen auf die Wahrnehmung der sozialen Umwelt
  • sich-selbst-erfüllende Prophezeiung
    • ist der Umstand, dass Schemata durch unser Verhalten unbeabsichtigt Realität werden können
    • Menschen haben eine bestimmte Erwartung, wie eine andere Person ist
    • diese Erwartungen wirken sich darauf aus, wie sie sich dieser Person gegenüber verhalten → führt dazu dass die Person entsprechend der ursprünglichen Erwartung reagiert
    • dem „Teufelskreis“ aus sich-selbst-erfüllender Prophezeiung sind Grenzen gesetzt → unter bestimmten Bedingungen treten sich-selbst-erfüllende Prophezeiungen mit geringer Wahrscheinlichkeit auf → ob in der sozialen Interaktion das eigentliche Wesen des Individuums zum Ausdruck kommt, spielt eine ausschlaggebende Rolle