onsdag 31. august 2016

Einstellung und Verhalten

Einstellung und Verhalten

was ist eine Einstellung und welche Rolle spielt sie in der Sozialpsychologie

  • Einstellung = evaluatives Summenurteil über ein Objekt → Gegenstände, Personen, Gruppen, abstrakte Konstrukte
  • umfassen affektive, kognitive und eventuell verhaltensbezogene Komponente
  • Einstellungen sind ein zentrales Konzept in der Sozialpsychologie
  • Beispiele für Einstellungen:
    • Vorurteile
    • Selbstwert (die Einstellung zu sich selbst)
    • politische Ideologie
  • Hauptthemen der Einstellungsforschung
    • wie entstehen Einstellungen
    • wie beeinflussen Einstellungen die Informationsverarbeitung und das Verhalten
    • wie können Einstellungen geändert werden
    nicht auf die spezifischen Einstellungen bezogen

die Funktion von Einstellungen

  • Einstellungen regeln Annäherungs- und Vermeidungsverhalten → Zuwendung zu positiv bewerteten Dingen und Personen; Abwendung von negativ bewerteten → Verhaltensregulation
  • jedes Schema (Einstellungen) erleichtert die Verarbeitung neuer Informationen → Wissensfunktion
  • Abwertung der Fremdgruppe und Aufwertung der Eigengruppe → selbstwertdienlich
  • positive und negative Einstellungen vermitteln Zugehörigkeit und erleichtern die Selbstdefinition
  • bei Einstellungen, die der sozialen Identität dienen spielt das öffentliche Ausdrücken und Ausleben der Einstellung eine wichtige Rolle → trägt dazu bei die soziale Identität und Zugehörigkeit zu stärken

Einstellungen als temporäre Konstrukte vs. Gedächtnisrepräsentation

  • eine Einstellung kann automatisch aktiviert oder anhand eines Kontextes oder des Vorwissens konstruiert werden
  • Konstruktionshypothese → Einstellungen werden in der jeweiligen Situation auf Basis der gerade zugänglichen Informationen gebildet → erklärt nicht nur die Kontextabhängigkeit, sondern auch die Stabilität von Einstellungen
  • Konstruktionshypothese schließ´t auch nicht aus, dass ein Einstellungsobjekt sehr schnell eine evaluative Assoziation aktiviert → automatisch aktivierte Einstellungen

Struktur und Stärke von Einstellungen

  • die Reaktionen, aus denen eine Einstellung zusammengesetzt ist, können affektiver und kognitiver Natur sein
  • drei-Komponenten-Modell → beinhaltet zusätzlich die Möglichkeit einer Verhaltenskomponente
  • löst ein Einstellungsobjekt etwa gleich starke positive und negative Reaktionen aus → ambivalente Einstellungen
  • indifferenten oder neutralen Einstellungen → das Einstellungsobjekt löst werder negative noch positive Reaktionen aus
  • nicht alle Einstellungen sind gleich stark
  • Stärke kann sich auf die Extremität der Einstellung beziehen aber auch auf die Zugänglichkeit einer Einstellung

Messung von Einstellungen

  • direkte Maße der Einstellungsmessung → Person ruft bewusst Einstellungen ab und berichtet sie
  • standardisierte Selbstberichte setzen ein gewissen Maß an Introspektion voraus und Motive wie soziale Erwünschtheit können Selbstberichte verzerren
  • indirekte Verfahren der Einstellungsmessung → Person wird nicht befragt, sondern die Reaktion von der angenommen wird, dass sie die Einstellung reflektiert, wird erfasst
  • physiologische Messverfahren → Messung der Gesichtsmuskelaktivität → Elektromyogramm
  • projektive Verfahren → Personen erzählen zu einem Einstellungsobjekt eine freie Geschichte oder bilden Assoziationen → Auswertung sehr subjektiv und problematisch
  • Implicit-Association Test → basiert auf Reaktionszeit
  • indirekte Verfahren haben den Vorteil, dass die Person ihre Einstellung nicht bewusst verzerren kann, sofern sie nicht bewusst ist, dass ihre Einstellung erfasst wird → Erfassung der automatisch zugänglichen Einstellungen → implizite Einstellungen
  • Selbstberichte erfassen oft das Ergebnis elaborierter Informationsverarbeitung

Einstellungsbildung und Einstellungsänderung

  • Prozesse geringen kognitiven Aufwands
    • Mere exposure
      • wird ein Stimulus wiederholt dargeboten, wird dieser besser bewertet als ein Stimulus, der nur einmal dargeboten wurde → Darbietung allein ist ausreichend um die Einstellung zum dargebotenen Stimulus positiv zu beeinflussen
      • Effekt stärker unter kurzer, sogar subliminaler Darbietung → erschwert bewusste Verarbeitung
      • Leichtigkeit der Verarbeitung (perceptual fluency) durch wiederholte Darbietung des Stimulus wird als positiv erlebt und auf den Stimulus (miss)attribuiert
    • Konditionierung
      • evaluative Konditionierung
        • wenn sich die Bewertung eines Stimulus durch die gemeinsame Darbietung mit einem positiveren Stimulus verbessert / bei einem negativen Stimulus verschlechtert
        • bewusste Wahrnehmung der Stimuli nicht unbedingt notwendig
        • evaluative Konditionierungen sind relativ lang überdauernd
      • operante Konditionierung
        • Einstellungen lassen sich beeinflussen indem befürwortende oder ablehnende Äußerungen von Versuchspersonen über ein Einstellungsobjekt mit positiven (Verstärkung) / negativen (Bestrafung) Konsequenzen versehen werden
    • Nutzung interner Zustände
      • besteht darin sich auf ein Gefühl zu verlassen → How-do-i-feel-about-it-Heuristik
      • oft Übertragung / Missattribuierung einer positiven / negativen Vorstimmung auf das Einstellungsobjekt
      • auch subjektive Erfahrungen wie Leichtigkeit mit der Informationen erinnert oder verarbeitet werden können, beeinflussen Einstellungen
    • Nutzung externer Merkmale der Persuasionssituation
      • oft sind externe Merkmale wie die Länge der Botschaft, Eigenschaften des Kommunikators und nicht der Inhalt der Argumente entscheidend für eine Einstellungsänderung → heuristische Verarbeitung
      • Voraussetzung für die Nutzung einer Heuristik ist neben der Abrufbarkeit der Heuristik aus dem Gedächtnis die Wahrnehmung eines geeigneten heuristischen Hinweisreizes
      • Personen sind sich nicht immer bewusst, dass sie eine Heuristik anwenden
  • Prozesse höheren kognitiven Aufwands
    • Verarbeitung des Inhalts einer Botschaft
      • Leitfrage → Wer sagt Was zu Wem über welchen Kanal mit welchem Effekt
      • Quelle → wer
      • Botschaft → was
      • Rezipentenmerkmale → zu wem
      • Kommunikationskanal
    • Ansatz der kognitiven Reaktionen
      • Bedeutung aktiven Denkens im Prozess der Einstellungsänderung
      • Impfmethode → ein schwaches einstellungskonträres Argument wirkt wie eine Impfung → stärkt die Resistenz gegen stärkere einstellungskonträre Argumente
      • die ursprüngliche Einstellung wird durch aktives Nachdenken über schwache Gegenargumente nicht nur beibehalten, sondern gestärkt
      • Ansatz der kognitiven Reaktionen → Personen generieren in Auseinandersetzungen mit einer persuasiven Botschaft neue Gedanken oder kognitive Reaktionen, die zustimmend, ablehnend oder neutral sein können
      • die Einstellungsänderung ist über die kognitive Reaktion vermittelt und folgt umso mehr der in der Botschaft vertretenen Position, je größer der Anteil zustimmender (vs. ablehnender) kognitiver Reaktionen ist
    • zwei-Prozess-Modelle der Persuasion
      • Gemeinsamkeit unterschiedlicher zwei-Prozess-Modelle ist das Postulieren eines aufwendigen, inhaltsbezogenen, deliberativen Verarbeitungsmodus und eines weniger aufwendigen, cue-basierten, eher automatischen Verarbeitungsmodus
      • aufwendige Verarbeitung (Elaboration) besteht bei starken Argumenten vorwiegend aus zustimmenden kognitiven Reaktionen → positivere Einstellungen
      • bei schwachen Argumenten überwiegen die ablehnend kognitive Reaktionen → weniger positive Einstellungen

was bewirken Einstellungen: Einflüsse auf Informationsverarbeitung und Verhalten

  • Einstellungen beeinflussen die Wahrnehmung und Aufnahme von Informationen in der Umwelt
  • Informationen werden gern einstellungskonform interpretiert → Individuen suchen eher nach einstellungskonformen Informationen
  • Einstellungen beeinflussen als kognitives Schema die Informationsverarbeitung
  • Einstellungen beeinflussen Verhalten kausal
  • wann sind Einstellungen gute Verhaltensprädiktoren?
    • Einstellungen sagen Verhalten besser vorher, wenn sich die Spezifikationsgrade der Einstellung und des Verhaltens ähnlich sind → Korrespondenzprinzip
    • eine globale Einstellung sagt ein spezifisches Verhalten schlechter vorher
    • die Vorhersagegenauigkeit einer Einstellung erhöht sich wenn mehrere Handlungen erfasst werden → Aggregationsprinzip
  • wie wirken sich Einstellungen auf Verhalten aus?
    • Theorie des überlegten Handelns
      • die proximale Ursache von Verhalten ist die Verhaltensabsicht → die bewusste Entscheidung, ein bestimmtes Verhalten auszuführen
      • die beiden Hauptbestimmungsfaktoren der Absicht sind Einstellung gegenüber dem Verhalten und die subjektive Norm
      • die Einstellung gegenüber dem Verhalten ist die Summe der Produkte aus Erwartungen und Bewertung
      • jedes einzelne der Produkte besteht aus der subjektiven Wahrscheinlichkeit (Erwartung), dass das Verhalten eine bestimmte Konsequenz hat, multipliziert mit dem Wert, der dieser Konsequenz beigemessen wird
      • die subjektiv wahrgenommenen sozialen Konsequenzen des Verhaltens werden getrennt behandelt → Konstrukt der subjektiven Norm → Summe von Produkten → jedes Produkt besteht aus der Überzeugung, dass eine für die Person bedeutsame andere Person der Meinung sei, sie sollte das Verhalten ausführen und der Bereitschaft dem Wunsch dieser Person nachzukommen
    • Theorie des geplanten Verhaltens
      • Modell des überlegten Handelns erweitert um die subjektiv wahrgenommene Verhaltenskontrolle als zusätzlichen Prädiktor
      • soll die Vorhersagekraft für Verhaltensweisen verbessern, über die die Person keine vollständige Willenskontrolle hat
      • wahrgenommene Verhaltenskontrolle kann entweder direkt beeinflusst werden (über die Verhaltensabsicht) oder indirekt (in dem Ausmaß in dem sie die tatsächliche Kontrolle über das betreffende Verhalten korrekt widerspiegelt)
    • Theorie des geplanten Verhaltens ist der Theorie des überlegten Handelns dann bei der Vorhersage der Verhaltensabsichten überlegen, wenn das untersuchte Verhalten schwer auszuführen ist, nicht unbedingt, wenn es leicht auszuführen ist
    • Kritik an beiden Theorien → Fehlen verschiedener anderer Faktoren; Gültigkeit auf bewusste, absichtliche Verhaltensweisen beschränkt
    • MODE-Modell (motivation and opportunity as determinants) und RIM-Modell (reflective impulsive model)
      • Motivation und Gelegenheit beeinflussen wie Einstellungen das Verhalten bestimmen

Einstellungsänderung als Folge von Verhaltensänderung

  • Reaktanztheorie → eine Verhaltensänderung kann eine Einstellungsänderung in entgegengesetzter Richtung nach sich ziehen
  • Sanktionen gegen unerwünschtes Verhalten können zu einem Bumerang-Effekt führen und die Attraktivität der Handlungen steigern
  • auch positive Anreize, ein bestimmtes Verhalten auszuführen, können unter bestimmten Bedingungen entgegengesetzte Einstellungsänderungen bewirken
  • Einstellungsinkonsistentes Verhalten erzeugt Dissonanz, welche durch Einstellungsänderung reduziert werden kann → Rechtfertigung des Verhaltens im Nachhinein

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