mandag 26. september 2016

Wissenschaftstheorie und Psychologie: Einführung in den kritischen Rationalismus von Karl Popper


Wissenschaftstheorie und Psychologie: Einführung in den kritischen Rationalismus von Karl Popper

  • allgemeines zur Wissenschaftstheorie
    • zwei zentrale Kennzeichen von Wissenschaft
      • Überprüfbarkeit
      • Intersubjektivität
      zwischen den einzelnen Forschern kann ein Dialog über den Sinn der Theorie hergestellt werden
    • die theoretischen Vorstellungen müssen gemäß den geltenden wissenschaftlichen Maßstäben und Regeln formuliert und überprüft werden
  • Wissenschaftstheorie ist Theorie des Nachdenkens über die Entstehung, die Überprüfung und die Strukturierung von wissenschaftlichen Theorien
  • klassische wissenschaftstheoretische Schulen → sollen Wissenschaften beschreiben (Positivismus), erklären (kritischer Rationalismus), verstehen (hermeneutische Richtungen) oder verändern (kritische Theorie)



die Position des kritischen Rationalismus

  • traditionellerweise geht man davon aus, es soll Ziel empirischer Wissenschaften sein, ihre Theorien als wahr zu erweisen (verifizieren)
  • Popper geht davon aus, dass man versuchen soll Theorien zu widerlegen (falsifizieren)
  • Ersetzung des Prinzips der Verifizierung durch das Prinzip der Falsifikation
    • Verifikation und Induktionsproblem
      • auch nach zahlreichen empirischen Untersuchungen lassen sich nicht zwingend allgemeine Sätze (Theorien) aus den Einzelbeobachtungen ableiten
      • Verallgemeinerung fast unmöglich
    • Prinzip der Falsifikation → eine Theorie gilt als wahr, bis das Gegenteil bewiesen ist
    • es besteht eine logische Asymmetrie zwischen der Verifikation und der Falsifikation einer Theorie
    • empirische Theorien können zwar nicht als wahr bewiesen werden, jedoch können sie sich als falsch erweisen
    • eine Falsifikation tritt auf, wenn die deduktiv aus der Theorie abgeleiteten Voraussagen (systematisch) an der Erfahrung scheitern
    • Theorien bleiben auch nach strengen Prüfungen immer fehlbar und somit vorläufiges Wissen
    • eine Theorie gilt zu einem bestimmten Zeitpunkt als bewährt wenn sie bis zu diesem Zeitpunkt allen Falsifikationsversuchen widerstanden hat
    • eine Theorie kann niemals den Status eines endgültigen gesicherten Wissens erlangen
    • regulative Idee → Aproximationstheorie der Wahrheit
      • Theorien bleiben grundsätzlich hypothetisch, auch wenn das Streben nach Wahrheit den Wissenschaftler immer weiter in seinen Bemühungen vorantreiben sollte
      • durch das Lernen aus Fehlern ist eine Annäherung an die Wahrheit möglich
    • kritisch wissenschaftlicher Dialog
      • Wissenschaft als sozialer Prozess
      • schafft es ein Wissenschaftler nicht seine eigenen Anforderungen zu korrigieren und kritisch seinen Theorien gegenüberzustehen (wg. kognitiver Dissonanz, Theorie des Selbstschutzes) können seine Kollegen versuchen seine Theorie zu widerlegen
  • die empirische Basis der Wissenschaften im Konzept des kritischen Rationalismus
    • Basissätze machen Aussagen über Ereignisse in Raum und Zeit, die beobachtbar sind und durch Experimente gewonnen werden können
    • am Anfang jeglicher Wissenschaft stehen Theorien
    • Beobachtungen und damit Basissätze ergeben sich nur aufgrund von bestimmten theoretischen Interessen
    • Theorien leiten unsere Informationsaufnahme, es gibt keine Beobachtungen ohne Theorien
    • Konventionalismus
      • Basissätze werden durch Beschluss, durch Konventionen anerkannt, sie sind Festsetzungen
      • ein Basissatz gilt dann als (vorläufig) akzeptiert wenn bei der Einhaltung der geltenden methodologischen Regeln einer Wissenschaft innerhalb der Forschergemeinschaft Einigkeit über die Gültigkeit hergestellt werden kann (intersubjektive Einigkeit über die Erfahrbarkeit des Beobachteten)
  • Informationsgehalt als Kriterium für die Güte von Theorien
    • Theorien sind wissenschaftlich, wenn sie empirisch, intersubjektiv nachprüfbar, widerspruchsfrei, falsifizierbar und wertfrei sind
    • wissenschaftliche Theorien sind allgemeine Sätze, welche Zusammenhänge zwischen verschiedenen in der Realität beobachtbaren Ereignissen behaupten
    • Beurteilungskriterium für die Güte von Theorien und der aus ihnen abgeleiteten Hypothesen ist der Informationsgehalt
    • informationshaltige (empirisch gehaltvolle Hypothesen) sollten möglichst allgemein und möglichst präzise sein
    • je präziser und umfassender eine Theorie ist, desto anfälliger ist sie für Falsifikationen und desto größer ist ihr empirischer Informationsgehalt und damit auch der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn
  • Funktionen von Theorien
    • 5 Funktionen → Mithilfe von Theorien kann man Sachverhalte
      • beschreiben und analysieren
      • erklären
      • vorhersagen
      mithilfe von Theorien lassen sich
      • Interventionen ableiten (Ableitung von Technologien)
      • bestehende Zustände lassen sich kritisch analysieren
    • kausale Erklärungen als logische Ableitungen
    • Explanans → das was erklärt
      • setzt sich aus zwei Klassen von Sätzen zusammen
        • Aussagen über allgemeine Gesetzmäßigkeiten (Hypothesen, Theorien, Naturgesetze)
        • Beschreibungen der für einen besonderen Fall gegebenen Anfangs- und Randbedingungen
    • Explanandum → das zu erklärende Ereignis
      • wird aus dem Explanans logisch abgeleitet
    Hempel-Oppenheim-Schema → Übertragung auf psychologische Forschung nur eingeschränkt möglich
    • Theorien mit der Chance von Aufklärung und Ideologiekritik haben eine Aufklärungsfunktion
    • Ideologiekritik → bestehende Ideologien / Vorurteile auf sozialem / politischem Gebiet, welche den aktuellen Erkenntnissen der Wissenschaft nicht mehr standhalten können, sollen entsprechend dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand korrigiert werden
  • Modifikationen der „strengen“ Falsifikationstheorie
    • prinzipielle Falsifizierbarkeit vs. reale Falsifizierung
    • Theorien müssen gemäß der Wissenschaftsauffassung des kritischen Rationalismus empirisch falsifizierbar sein
    • Exhaustion → als Strategie der Rettung von Theorien gegen abweichende Untersuchungsergebnisse eingeführt; bezeichnet Versuche abweichende Befunde durch Hinweise auf störende Bedingungen zu erklären
    • laut eines dogmatischen Falsifikationisten wäre jeglicher Rettungsversuch einer Theorie angesichts falsifizierender Untersuchungsergebnisse unwissenschaftlich
    • raffiniertes falsifikatorisches Vorgehen → es wird nie nur eine Theorie in Isolation beurteilt
    • eine Theorie ist erst dann falsifiziert wenn es eine andere, zum Teil schon bewährte Theorie gibt welche einen größeren empirischen Gehalt hat und zudem noch neue Tatsachen voraussagt
  • Folgen der Nichtexistenz deterministischer Gesetzesaussagen in den Sozialwissensschaften
    • Fehlen deterministischer Gesetze → meist nur probabilistische Gesetze mit Aussagen über gewisseWahrscheinlichkeiten
    • Konsequenzen aus dem Fehlen deterministischer Gesetze
      • probabilistische Hypothesen können nicht durch eine einzige empirische Falsifikation widerlegt werden, da Abweichungen immer mit einkalkuliert sind
      • probabilistische Theorien werden falsifizierbar gemacht indem der Wissenschaftler zusätzlich Entscheidungen darüber trifft, wann der Widerspruch zwischen den gewonnenen Basissätzen und der Theorie so groß ist, dass diese als falsifiziert angesehen werden muss
      • präzise Erklärungen, Prognosen, genaue Wirkungsweisen von technologischen Anwendungen sind nicht zu leisten
  • ein anspruchsvolles Wissenschaftsbild
    • beim kritischen Rationalismus bilden Beobachtungen nicht mehr den Ausgangspunkt wissenschaftlicher Forschung → am Anfang der Forschung stehen immer Theorien → vorgeordnete Rolle der Theorien
    • Reichweite des kritischen Rationalismus
      • die Idee der Kritik, das andauernde Infragestellen des Bestehenden, dient der Verbesserung des Status-Quo
      • soll eine Kultur der Open-Mindedness schaffen, in der kritsch-rationaler Diskurs den Umgang bestimmt
      • die Feinde einer offenen Gesellschaft sind jegliche Art von dogmatischen Systemen (Nationalsozialismus, Kommunismus, Vatikan)
      • die Idee des kritischen Rationalismus hat damit nicht nur eine Vorbildfunktion in der Wissenschaft, sondern auch in Gesellschaft und Wirtschaft

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