tirsdag 13. september 2016

Positive Psychologie: Zivilcourage, soziale Verantwortung, Fairness, Optimismus, Vertrauen

Positive Psychologie: Zivilcourage, soziale Verantwortung, Fairness, Optimismus, Vertrauen

Zivilcourage

  • was ist Zivilcourage?
    • Zivilcourage gehört in die Gruppe der prosozialen Verhaltensweisen
    • prosoziale Verhaltensweisen sind Handlungen, die das Ziel haben einem oder mehreren Menschen etwas Gutes zu tun
    • Verhalten ist nur dann als prosozial zu bezeichnen, wenn der Akteur freiwillig handelt und nicht im Rahmen von dienstlichen Verpflichtungen
    • Zivilcourage = ein von Ablehnung begleitetes mutiges Verhalten, das dazu beiträgt, gesellschaftlich-ethische Normen ohne Rücksicht auf eigene soziale Kosten durchzusetzen
      • Öffentlichkeitsaspekt
      • Inkaufnahme bzw. Risiko negativer Konsequenzen
      • prosoziales Verhalten zugunsten schwächerer Dritter
    • in einer Zivilcourage-Situation liegt oft ein Machtungleichgewicht zu Ungunsten der Person, die zivilcouragiert handelt, vor
    • Situationen in denen Zivilcourage gezeigt wird, zeichnen sich meist durch eine spezifische soziale Konstellation aus → es gibt ein oder mehrere Opfer und einen oder mehrere Täter
    • Unterschied zwischen Hilfeverhalten und Zivilcourage → bei gezeigtem Hilfeverhalten, erntet der Helfer Lob und Anerkennung, bei Zivilcourage drohen gegebenenfalls Beschimpfung, Ausgrenzung und körperliche Verletzung
    • die klassischen hemmenden Faktoren, die einen Einfluss auf das Hilfeverhalten haben, haben nur einen sehr geringen Einfluss auf Zivilcourage
    • Determinanten von Zivilcourage
      • Selbstsicherheit → beeinflusst die Schwierigkeitseinschätzung der Situation
      • Empathie
      • innerethische Kontakte
      • soziale Dominanzorientierung → wenig SDO hat positiven Einfluss auf Zivilcourage
      • moralische Vorstellungen
      • Übernahme von Verantwortung
      • Nähe zum Problem
      • soziale Kompetenz
      • Merkmale der Situation
    • Zivilcourage-Situationen führen zu höherer empathischer Erregung als eine (ungefährliche) Hilfesituation
  • Zivilcouragetrainings
    • Zivilcourage ist lern- und trainierbar
    • in Trainings sollen Verhaltensroutinen erlernt werden, um ein adäquates Reagieren wahrscheinlicher zu machen
    • die Teilnehmer sollen in Rollenspielen lernen und üben, andere (passive) Bystander zu einer Mithilfe zu aktivieren weil es oft unvernünftig und gefährlich ist allein in einer Zivilcourage- / Notsituation zu reagieren
    • analog einem Erste-Hilfe-Kurs werden praktisches Wissen und Verhaltenskompetenzen erlernt und trainiert
    • die Erweiterung von Wissen und Handlungskompetenzen erhöht die Sicherheit und damit auch die Verantwortlichkeit und Bereitschaft zu helfen, wenn Notsituationen erkannt werden

soziale Verantwortung

  • Unterscheidung zwischen Gesinnungsethik und Verantwortungsethik → es ist notwendig die richtige Gesinnung zu haben, aber Gesinnung allein reicht nicht aus
  • Gegenüberstellung von Gesinnungsethik und Verantwortungsethik → man fühlt sich verantwortlich für sein Handeln und sein Nicht-Handeln
  • entsprechend der Verantwortungsphilosophie sind Menschen die einzigen Wesen, die zu Verantwortung fähig sind
  • der Begriff der Verantwortung in der Psychologie
    • zwei Bedeutungen von Verantwortung:
      • Verantwortung für andere → bezieht sich auf die spezifische Sorge um deren finanzielles und gesundheitliches Wohlergehen, deren Ausbildung und Sicherheit, sowie auf das allgemeine Interesse und die Beteiligung an Belangen der Gemeinschaft
      • Verantwortung für das eigene Handeln → bezieht sich auf politische Verantwortung für Fehlentscheidungen, die finanzielle Verantwortung für die eigene Versorgung, die Vermeidung unnötiger Risiken für sich selbst und andere
    • Zuschreibung von Verantwortung auf Personen
      • die Attribution auf die Person verringert sich mit dem Ansteigen der Attribution auf die Umwelt
      • Menschen fühlen sich schon dann verantwortlich wenn nur ein Minimum an Ursächlichkeit interpretiert werden kann
      • 5 Stufen:
      1. die Person hat im weitesten Sinne etwas mit dem Ereignis zu tun
      2. die Person hat das Ereignis ursächlich bewirkt
      3. die Person hätte Mittel gehabt, ein Ereignis zu beeinflussen → moralische Verantwortung für das Ereignis
      4. der Person wird nur Verantwortung zugeschrieben wenn sie das Ereignis auch beabsichtigte
      5. die Verantwortung wird zwar bei der Person gesehen, aber die Entwicklung der Eigenschaften, welche bei der Person die Verantwortung für das Ereignis verursachten, werden als außerhalb der Kontrolle der Person gesehen
  • Verantwortung und Hilfeverhalten
    • Verantwortung geht mit Empathie und Empfinden von Schuld einher → stehen in positivem Zusammenhang mit künftigem prosozialem Verhalten
    • damit Verantwortung gezeigt wird ist es notwendig, dass Empathie / Mitgefühl vorhanden ist
    • man muss die Situation als Notlage erkennen und man muss über Wissen und Handlungskompetenzen verfügen, was zu tun ist
    • Bystander-Effekt → warum wird oft keine Verantwortung gezeigt? → Grund für das Nicht-Eingreifen ist in vielen Fällen die Diffusion der Verantwortung
    • Verantwortungsdiffusion → je mehr Personen anwesend sind, desto weniger fühlt sich der einzelne verantwortlich in einer Notsituation einzugreifen → Verantwortung wird den anderen Anwesenden zugeschoben
    • Faktoren, die die Übernahme von Verantwortung begünstigen:
      • Verhaltensvorbilder und Normen
      • Wahrnehmung der Situation → Hilfsbereitschaft ist geringer wenn die Notlage selbst verursacht wurde als wenn man für die unglückliche Lage nicht verantwortlich ist
      • Wahrnehmung der eigenen Handlungskompetenzen → es ist wichtig zu wissen was zu tun ist
      • Identifikation mit der verantwortlichen Gruppe → identifiziert man sich selbst mit der Gruppe, die Verantwortung übernimmt, ist man eher bereit selbst verantwortliches Verhalten zu zeigen
      • Identifikation mit der betroffenen Gruppen → identifiziert man sich stark mit der Gruppe, die betroffen ist, ist die Bereitschaft zu helfen größer

Fairness

  • Fairness ist wichtig für Menschen → positive Reaktionen auf faire, negative Reaktionen auf unfaire Behandlung
  • wahrgenommene Unfairness führt zu Reaktionen wie Ärger, Wut, Hilflosigkeit, emotionalem Rückzug, Kündigungsabsichten, Fehlzeiten, Diebstahl, Stress, Unpünktlichkeit, Widerstand gegen Veränderungen, Sabotage, Aggression, Rache, Vergeltungsmaßnahmen → eigene Nachteile werden bewusst in Kauf genommen (z.b. Ausschluss aus der Gruppe, Kündigung) um subjektiv einen Ausgleich für die erlittene Ungerechtigkeit wiederherzustellen, in Unternehmen können die daraus entstandenen ökonomischen Schäden beträchtlich sein
  • Distributive Fairness
    • Verteilung von Gütern / Verteilungsfairness / Ergebnisfairness
    • faire Verteilung liegt vor, wenn die Ergebnisse unter Berücksichtigung bestimmter Regeln zustande kommen → Equity-Model → Verhältnis des eigenen Inputs zum Output entspricht dem was relevante Bezugspersonen für ihre Leistung erhalten
    • Prinzipien fairer Ressourcenverteilung:
      • Leistung → equity, bevorzugt in kooperativen Beziehungen ökonomischer Produktivität
      • Gleichheit → equality, bei der Aufrechterhaltung angenehmer sozialer Beziehungen
      • Bedürftigkeit → need, bei kooperativen Beziehungen der persönlichen Entwicklung oder des persönlichen Wohlergehens
  • prozedurale Fairness
    • Verfahrensfairness / Prozesse, die zu den Ergebnissen führen
    • Möglichkeit den Entscheidungsprozess (Prozesskontrolle) oder die Entscheidung selbst (Entscheidungskontrolle) zu beeinflussen
    • liegt die Entscheidungskontrolle bei einer Autorität, sind für die Betroffenen die Bedingungen der Prozesskontrolle besonders wichtig
    • Menschen sind besonders dann bereit eine Entscheidung durch eine Autorität zu akzeptieren und als fair anzusehen, wenn sie Einfluss auf den Entscheidungsprozess haben → Menschen sind nicht nur am reinen Ergebnis einer Entscheidung interessiert, sondern auch daran wie diese zustande kommt
    • Bedingungen prozeduraler Fairness:
      • personelle und zeitliche Konsistenz → verwendete regeln und Entscheidungsprozesse werden auf alle Personen und die gesamte Dauer gleich angewendet
      • Unvoreingenommenheit / Neutralität → Entscheidung wird nicht durch persönliches Interesse oder Voreingenommenheit beeinflusst
      • Akkuratheit → akkurate / genaue Informationen werden gesammelt und angemessen berücksichtigt
      • Korrigierbarkeit → fehlerhafte / unangemessene Entscheidung kann geändert werden
      • Moral / Ethik → persönliche Wertvorstellungen der Betroffenen, fundamentale moralische / ethische Werte werden berücksichtigt
      • Repräsentativität → Bedürfnisse / Meinungen aller betroffenen Parteien werden berücksichtigt
      • Voice → Möglichkeit, die eigene Meinung kundzutun
  • informationale und interpersonale Fairness
    • informationale Fairness → Qualität und Quantität der Informationen, die den Betroffenen über das Vorgehen gegeben werden
    • interpersonale Fairness → respektvoller, freundlicher, würdervoller Umgang mit den Betroffenen durch den Entscheidungsträger, empathische Kommunikation
  • warum ist Fairness wichtig?
    • Instrumentelles Modell
      • Menschen wollen ihre eigenen Ergebnisse optimieren (Selbstinteresse) → bevorzugen faire Bedingungen weil diese ihnen langfristige Einfluss, Berücksichtigung ihrer Interessen und damit günstige Ergebnisse garantieren
    • relationales Modell
      • Menschen sind bestrebt, ein positives Selbstbild zu erlangen → identifizieren sich mit sozialen Einheiten, weil dies bei der Definition ihres Selbst hilft
      • Beziehungen von Menschen zu den sozialen Einheiten ist von dem Bemühen beeinflusst, positive selbstrelevante Informationen zu erhalten
      • Fairness vermittelt Menschen selbstrelevante Informationen darüber in welchem Ausmaß sie als Mitglied einer Gruppe / Organisation / Autorität wertgeschätzt werden
    • faire Bedingungen sind eine wichtiger situationaler Einflussfaktor → durch die Etablierung von Fairnessbedingungen werden mit relativ geringen Kosten starke positive Effekte erzielt

Optimismus

  • Optimismus = Geisteshaltung die sich dadurch auszeichnet auch in schwierigen Situationen Positives zu sehen und generell eine gute Erwartung für die Zukunft zu haben
  • Positive Illusionen dienen der Anpassung an Umweltanforderungen → positive Auswirkungen auf psychische Gesundheit, Motivation, Verarbeitung, relevanter Gesundheitsinformationen, Bewältigung kritischer Lebensereignisse
  • aus evolutionspychologischer Sicht hat Optimismus einen Anpassungsvorteil, indem lähmende Angst vor negativen Ereignissen in der Zukunft reduziert wird
  • Personen mit positiven Erwartungen haben eine höhere Motivation ihre Ziele zu verfolgen, bessere Bewältigungsstrategien bei Problemen und mehr Ausdauer bei lösbaren und unlösbaren Aufgaben
  • Optimismus besteht nicht in blinder Ausdauer an unlösbaren Aufgaben, sondern hilft dabei sich von unproduktiven Situationen weiter zu bewegen
  • Optimismus und Gesundheit
    • Optimismus wirkt auf das Immunsystem
    • Optimismus unterdrückt in schwierigen Situationen Immunreaktionen → kostet den Körper viel Energie → nicht nur positive Auswirkungen auf den Organismus
    • gehen Menschen von zu einem starken unrealistischen Optimismus aus → unterschätzen Risiken, versäumen Vorsorge → unrealistischer Optimismus → nachteilig
    • bei unrealistischem Optimismus findet keine Unterscheidung zwischen kleinen und lebensbedrohlichen Risiken statt → Personen einer Risikogruppe empfinden das Risiko für sie persönlich geringer als für andere Personen ihrer Risikogruppe
  • kann man Optimismus lernen?
    • Im Sinne von sich selbst-erfüllenden-Prophezeiungen kann man davon ausgehen, adss positive Erwartungen eher zu positiven Ergebnissen führen
    • Optimismus ist lernbar im Hinblick auf die Verbesserungen, die sich aus diesem Lernen für das Leben von Menschen ergeben → Aufgabe der positiven Psychologie liegt im Bereich der Prävention, Frühförderung, Therapie, Intervention

Vertrauen

  • Vertrauen als Grundlage für die soziale Ordnung → hat gemeinhin positive Konsequenzen für soziale Interaktionen
  • Vertrauen als wichtige Voraussetzung für Kooperation und als Basis für die Stabilität von sozialen Institutionen wie Märkten
  • Vertrauen = soziales Schmieröl
  • Definition von Vertrauen:
    • Vertrauen als die Erwartung eines positiven Ausgangs einer Situation, auch ohne das Gegenüber zu kontrollieren
    • Vertrauen dient der Reduzierung der Komplexität in der Realität
  • Stufen der Entstehung von Vertrauen:
    1. Stufe des kalkulationsbasierten Vertrauens → Reziprozität wird durch eine Kosten-Nutzen-Kalkulation abgesichert
    2. Stufe des wissensbasierten Vertrauens → die positiven Eigenschaften der Person sind bekannt
    3. Stufe des identitätsbasierten Vertrauens → Ziele und Werte des Partners decken sich mit den eigenen
  • Psychologische Grundlagen des Vertrauens
    • Vertrauen hat eine kognitive und eine affektive Komponente
    • kognitive Komponente → beinhaltet die Informationen, die man über die Vertrauenswürdigkeit seines Gegenübers hat
    • affektive Komponente → bezieht sich auf die positive Einstellung in Hinblick auf das Gegenüber und die emotionale Bindung
    • Verhaltenskomponente → steht in Zusammenhang mit dem Ausmaß an Handlungskontrolle auf das man bei Vertrauen verzichtet
  • Vertrauen vs. Misstrauen
    • Vertrauen dient dazu Komplexität und Unsicherheit zu reduzieren indem negative Erwartungen ausgeschlossen werden
    • Misstrauen dient demselben Zweck auf dem Wege des Ausschlusses von positiven Erwartungen
    • Misstrauen ist vor allem mit negativen Folgen verbunden, besonders wenn es chronisch ist oder länger andauert → führt zu erhöhter kognitiver Belastung
    • die Person mit einem höheren Vertrauen ist die sozial intelligentere im Gegensatz zu der Person mit hohem Misstrauen → hohe Vetrauensbereitschaft geht einher mit Offenheit für neue Erfahrungen, die misstrauischen Personen entgehen
  • Bedingungen des personellen Vertrauens
    • Aufbau von Vertrauen in interpersonellen Beziehungen oft als stufenweise aufgebaut dargestellt
    • aber auch ohne längere gemeinsame Geschichte kann es hohes Vertrauen geben → verantwortlich dafür vermutlich heuristische Prozesse der Vertrauensübertragung → z.b. Wahrnehmung von Ähnlichkeit, Informationen durch Dritte, Übertragung allgemeinen Kategorienwissens auf unbekannte Mitglieder der betreffenden Katgeorie
    • Vertrauensbeziehung muss in der Regel erarbeitet werden → durch bewussten Verzicht auf Kontrolle und Reziprozität der entgegengebrachten Kooperation
    • Vertrauen erzeugt großen Nutzen indem es kognitive Ressourcen sichert, Verhandlungsanforderungen verringert und die Entscheidungsfindung erleichtert
    • Vertrauen und Fairness → ist keine Information über Vertrauenswürdigkeit gegeben, ist Information zu prozeduraler Fairness von hoher Bedeutung, liegen Informationen über Vertrauenswürdigkeit des Interaktionspartners vor, hat das Ausmaß an Fairness wenig / keinen Einfluss
    • Vertrauen und wahrgenommene prozedurale Fairness korrelieren miteinander (r>.60), Vertrauen und distributive Fairness korrelieren mittel miteinander (r>.40)
    • wenn nicht klar ist, ob man vertrauen kann, werden Situationen stärker auf Fairness untersucht, als wenn das Vertrauen schon etabliert ist
  • Vertrauen im Organisationskontext
    • Arbeit in Organisationen geschieht prinzipiell in Netzwerken sozialer Beziehungen mit hoher Komplexität → gegenseitiges Vertrauen ist von großer Relevanz
    • intraorganisationales Vertrauen → man ist Teil der Organisation → affektives Vertrauen korreliert hoch mit positiven unterstützenden Verhaltensweisen der Manager
    • extraorganisationales Vetrauen → man ist Kunde der Organisation → systembezogenem Vertrauen kommt eine hohe Bedeutung zu
    • Systemmerkmale des Organisationsvertrauens → Informationsweitergabe und Partizipation bei der Entscheidungsfindung, Regeln der Leistungsbewertung / Leistungskontrolle → Qualität der Führung, Umsetzung verschiedener Fairnessarten
    • Vertrauen in Konflikten → Vertrauen spielt eine wichtige Rolle bei der Entscheidung, ob zur Bearbeitung eines Konflikts die konstruktive Route des integrativen Problemlösens eingeschlagen wird

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